G-8-Gipfel beginnt

Raketen und Panzer schützen den kanadischen Gipfelort Kananaskis. Nahost-Streit überschattet Pläne für Afrikahilfe. Gegengipfel in Mali

BERLIN/CALGARY taz/rtr ■ Die kontroverse Nahostrede des US-Präsidenten George Bush hat gestern den Auftakt des Treffens der Staats- und Regierungschefs der sieben reichsten Industrienationen sowie Russlands im kanadischen Kananaskis überschattet. Streit um Bushs Forderung, Jassir Arafat solle als Palästinenserpräsident abgelöst werden, drohte die vom Gastgeber Kanada mit Unterstützung Großbritanniens zum Hauptthema erklärte Afrika-Initiative der G-8-Staaten in den Hintergrund zu drängen. Keine der anderen G-8-Regierungen unterstützte Bushs Forderung.

Der palästinensische Minister Saeb Erakat rief die G 8 dazu auf, „zu versuchen, Bush davon zu überzeugen, dass die Palästinenser und Israelis jetzt Handeln nötig haben“.

Der Gipfel soll eigentlich heute Abend nach Beratungen mit den Präsidenten von Algerien, Nigeria, Senegal und Südafrika einen Aktionsplan für Afrika verabschieden, der die G-8-Unterstützung für die gesamtafrikanische Entwicklungsinitiative „Nepad“ festlegt. UN-Generalsekretär Kofi Annan warnte Afrika vorab vor „unrealistischen Erwartungen“. Der Nepad-Plan beziffert den Finanzbedarf Afrikas, um das Wirtschaftswachstum des Kontinents auf 7 Prozent zu erhöhen, auf 64 Milliarden Dollar zusätzlich pro Jahr. Die deutsche Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul kündigte jetzt an, Deutschland werde Nepad-Projekte im Laufe der Jahre 2002 und 2003 mit 110 Millionen Euro unterstützen. Der britische Premierminister Tony Blair versprach, Großbritanniens Afrikahilfe bis 2006 auf 1 Milliarde Pfund jährlich (1,6 Milliarden Euro) zu verdoppeln.

Im kanadischen Calgary, 80 Kilometer vom von Panzern und Luftabwehrraketen geschützten Gipfelort entfernt, kam es zu ersten friedlichen Demonstrationen von Gipfelgegnern. Im Dorf Siby in Mali begann ein Gegengipfel, auf dem vor allem Bauern zu Wort kommen sollen. Organisator Sékou Diarra nannte die Hinwendung zu betroffenen Bevölkerungen anstelle internationaler NGOs einen „Wendepunkt“ in der Entwicklung der Antiglobalisierungsbewegung. D. J.

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