US-Börsen beruhigen sich wieder

Telefonkonzern WorldCom von Börsenaufsicht verklagt. Kontrolle der Kontrolleure gefordert. Euro weiter stark

BERLIN/FRANKFURT/NEW YORK taz/dpa/afp ■ Nach den Abstürzen gestern an den Weltbörsen hat sich heute die Lage wieder etwas beruhigt. „Am deutschen Aktienmarkt haben gute Vorgaben aus den USA zu steigenden Kursen geführt“, meldeten gestern die Wirtschaftsticker. Besonders die Nachfrage nach Technologiewerten ließ den Deutschen Aktienindex DAX bis zum Nachmittag um 2,9 Prozent auf 4.220 Punkte zulegen. Am Nachmittag sorgte das besser als erwartet ausgefallene Bruttoinlandsprodukt der USA und positive Arbeitslosenzahlen für einen zusätzlichen Schub.

Ein Aktienhändler rechnete mit einer Erholung des DAX bis auf 4.300 Punkte. Die Verunsicherung der Märkte nach dem neuerlichen Skandal um gefälschte Bilanzzahlen prägte jedoch unverändert die Stimmung am Markt.

Auslöser des jüngsten Börsenschluckaufs war der US-Telefonriese WorldCom. Der Konzern hatte seine Bilanzen so weit gefälscht, dass er statt eines Verlustes einen satten Gewinn auswies (taz von gestern). WorldCom droht nun ein Betrugsverfahren. Die US-Börsenaufsicht reichte am Mittwoch bei einem Bundesgericht im Staat New York Klage gegen den Konzern wegen Bilanzfälschung und Täuschung des Handels ein. Zuvor hatte WorldCom Falschbuchungen in Höhe von 3,85 Milliarden Dollar eingeräumt.

Die Börsenaufsicht hat zudem aus der Pleite des weltgrößten Energiehändlers Enron gelernt: Sie will durch das Gericht verhindern lassen, dass WorldCom Beweismaterial vernichtet. Im Skandal um Enron hatte sich herausgestellt, dass die Beratungsfirma Arthur Andersen tonnenweise Akten ihres Kunden vernichtet hatte. Sie wurde vor knapp zwei Wochen wegen Behinderung der Justiz verurteilt. Auch bei WorldCom prüfte Arthur Andersen die Bücher.

Zudem will die Börsenaufsicht WorldCom daran hindern, früheren oder jetzigen Managern vor einer weiteren Untersuchung Abfindungen zu zahlen – wie bei Enron passiert. Dort hatte das Managment noch schnell über 700 Millionen Dollar abgesahnt.

Aktionärsschützer sahen in WorldCom einen weiteren Anlass, die bisher übliche Testierung von Bilanzen durch einen einzigen Wirtschaftsprüfer in Frage zu stellen. „Es muss auch eine Kontrolle der Wirtschaftsprüfer geben“, sagte Petra Krüll von der Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Dies gelte nicht nur für die USA: Fälle wie Flowtex, Holzmann, ComRoad und Phenomedia bestätigten auch für Deutschland dringenden Handlungsbedarf. Kritisch sieht die DSW demnach auch, dass die Bilanzkontrolleure regelmäßig auch lukrative Beraterverträge bei den geprüften Firmen haben.

Der Referenzkurs des Euro zum Dollar ging zwar gestern etwas zurück – von 0,9917 auf 0,9824 – blieb aber in der Nähe der Parität. Devisenhändler sahen den Euro aber weiterhin relativ stark: Alles hänge von der Stärke der US-Aktien ab, so eine vorherrschende Meinung. Wenn sich die Anleger dort weiterhin mit Käufen zurückhielten, bleibe der Euro so hoch oder steige sogar noch. REM