Das Marktplatz-Loch

In fünf Monaten 1.000 Jahre ausgebuddelt

Seit Februar ließ der Bremer Landesarchäologe auf dem Marktplatz graben. Und fand bis zu 1.200 Jahre alte Spuren – etwa das Fundament eines Torturms.

Die „Stiftung Wohnliche Stadt“ war bereit, sowohl eine Glasplatte in der Nähe des Hansa-Kreuzes (über dem 1,50 Meter tiefen Pflaster aus dem 13. Jahrhundert) als auch die Begehbarmachung der Gewölbe des Baleer‘schen Hauses (über eine mit einer Klappe verdeckten Treppe) zu finanzieren. Bloß für Folgekosten wie das eventuelle Auswechseln der Glasplatte wollte niemand aufkommen.

Insgesamt gab es keine politische Mehrheit für das Sichtbarmachen der Funde. Die Grünen waren entschieden dafür, die CDU eher skeptisch und die SPD gespalten. Parteichef Jens Böhrnsen hatte Sympathien, Parlamentspräsident Christian Weber (auch SPD) eher nicht. Ins Gewicht fielen auch die Verkehrssichheits-Bedenken der Bausenatorin.

Einen letzten Aufschub brachte der Bauarbeiter-Streik – einen wertvollen. In dieser letzten Woche stießen die Ausgräber auf einen karolingischen Graben vom Ende des 8. Jahrhunderts, der die erste Domvorläufer-Kapelle vor den Sachsen schützte – immerhin mit einer Breite von acht Metern.

Seit gestern ist davon nichts mehr zu sehen. Das bis zu 4,50 Meter tiefe Loch wurde mit Sand gefüllt, wehmütig beobachtet von Ausgrabungsleiter Dieter Bischop: „Mit einem Schwupps werden 1.000 Jahre Geschichte wieder unsichtbar.“ HB