Letzter Tango in Berlin

Es war ein Dreieck des Rhythmus und hatte diese gewisse Atmosphäre, die man für Tango bracht. Das TriaLaRit, Berlins einzige argentinische Kulturkneipe, muss schließen

Das TriaLaRit istdas, was man inBuenos Aires eineTangueria nennt

Eigentlich soll die Inneneinrichtung des TriaLaRit an eine Tropfsteinhöhle erinnern. Doch wer zwischen den dunkelrot angeleuchteten Stalaktiten der Kneipe in Charlottenburg sitzt, argentinisches Steak im Magen, Rotwein im Blut und Tango im Ohr, könnte sich vor lauter prenataler Wohligkeit auch im Innern einer Gebärmutter wähnen.

Seit 1997 betreiben Davina und Marcelo Olivier die argentinische Kneipe in der Gervinusstraße, in der Argentinier in Berlin ein zweites Zuhause und Freunde Lateinamerikas ein Stück Argentinien in der Hauptstadt gefunden haben. Doch die allgemeine Pechsträhne Argentiniens hat auch vor Berlin keinen Halt gemacht. Das TriaLaRit, Berlins einziges argentinisches Kulturlokal, muss schließen. TriaLaRit steht für Triangulo Latino del Ritmo, lateinamerikanisches Dreieck des Rhythmus. Das Dreieck soll an die Form des lateinamerikanischen Kontinents erinnern, steht aber auch für die argentinische Küche, die jeden Vegetarier seine Entscheidung für ein steakfreien Leben noch einmal überdenken lassen würde, lateinamerkanische Kulturevents wie Lesungen, Konzerte, Diavorträge und Filmnächte und natürlich die fachgerechte Unterweisung im Tangotanzen.

Das TriaLaRit ist das, was man in Buenos Aires eine Tangueria nennt, eine Kneipe in der man essen, tanzen und sich austauschen kann. Genau diese Mischung macht es einzigartig in der Masse der Tangotanzschuppen und Steakhäuser in Berlin, in denen der argentinische Hintergrund oft zweitrangig ist. Und Marcelo ist der einzige gebürtige Argentinier, der in Berlin eine Tangokneipe im alten Stil betreibt. Zum echten argentinischen Tango gehört eben auch eine gewisse Atmosphäre, und das ist vielleicht der Grund dafür, dass die Argentinier Berlins am liebstem im TriaLaRit ihrem Hobby frönten. Doch jetzt fehlt das Geld, Marcelo und Davina wollten sich nicht an der allgemeinen Verteuerung durch die Euroumstellung beteiligen. „Viel Geld hat momentan sowieso niemand zum Ausgeben“, seufzt Davina, „und was wirklich gut ist, ist für viele eben manchmal nicht so offensichtlich. Deswegen gehen die Leute auch weiterhin zu Maredo und nicht zu uns, wenn sie argentinisch essen wollen.“

Auch für die argentinische Botschaft ist die Schließung der Berliner Kulturinstitution eine Katastrophe. Besucher aus Argentinien und argentinische Neuberliner fanden hier Anschluss an die argentinische Szene Berlins. Nicht nur argentinische Künstler hatten im TriaLaRit Ausstellungen, Vorträge und Lesungen, auch Politiker hielten hier gerne ihre Pressekonferenzen, etwa vom argentinischen Tourismusministerium anlässlich der ITB. Auch außerhalb ihrer Kneipe machen sich Marcelo und Davina um die Argentinisierung Berlins bemüht: Viermal war der vom TriaLaRit organisierte Tangowagen jetzt beim Karneval der Kulturen dabei und belegte im Jahr 2000 sogar den ersten Platz. Der Besucheransturm bei Tangoabend in der neuen Nationalgalerie zur langen Nacht der Museen im Februar sprengte alle Erwartungen. Daran wollen Davina und Marcelo anknüpfen und auch nach dem Ende des TriaLaRit durch Kulturarbeit für argentinienverbundene und weiterhin tangoselige Stimmung in Berlin sorgen.

ALENA SCHRÖDER

Das TriaLaRit, Gervinusstr. 12, feiert heute Abschiedsparty