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: DIRK KNIPPHALS über Martin Walser, Nickeligkeiten unter Literaturchefs und die Daily Soap im Feuilleton

Bedenkenträgerei

„Hab ich nicht gesagt!“ – „Hast du doch!“ – „Hab ich nicht!“ Man kennt so etwas ja von sich streitenden Paaren. Und man sollte für die Feuilletons der beiden großen überregionalen Tageszeitungen schon mal einen passenden Mediator suchen.

Jedenfalls kolportierte am 26. Juni der Literaturchef der SZ in der SZ, der Literaturchef der FAZ habe Martin Walser mehrfach versichert, „es gebe keine Bedenken, auch dieses Buch vorabzudrucken“ (bevor dann FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher den Vorabdruck öffentlich ablehnte). Daraufhin schreibt am 27. Juni der FAZ-Literaturchef in der FAZ unter dem Titel „Legendenbildung“, er habe sehr wohl „erhebliche Bedenken“ gehabt und sie Walser auch „mehrfach“ mitgeteilt. Woraufhin sich gestern in der SZ unkommentiert eine Pressemitteilung des Suhrkamp-Verlags findet, in der es heißt: „Gravierende Bedenken seitens der FAZ … wurden zu keinem Zeitpunkt geäußert.“

In der FAZ wiederum wurde diese Pressemitteilung auch gestern schon kommentiert, wenn auch an entlegener Stelle: Die Darstellung, die die Mitteilung enthält, so heißt es in der FAZ, „ist falsch“. Der Vollständigkeit halber sollte noch erwähnt werden, dass Thomas Steinfeld, der jetzige Literaturchef der SZ, früher Literaturchef der FAZ war und deren heutiger Literaturchef, Hubert Spiegel, damals Mitarbeiter von Thomas Steinfeld; Freunde fürs Leben werden die nicht mehr. Viel wichtiger allerdings wäre, zu klären, wer Recht hat und wer lügt. Nur: Eine solche Klärung wird nicht möglich sein. Schließlich existieren keine Tonbandprotokolle.

Nichts einfacher, als erhebliche oder gar gravierende Bedenken gegen diese doch eher unfeine Art der wechselseitigen Unterstellungen anzumelden. Wenn’s denn nicht – unter uns gesagt, die Betroffenen werden es eh anders sehen – irgendwie auch amüsant wäre. Zumindest amüsanter als die Frage, ob Walsers Buch nun antisemitisch ist oder nicht. So soapig kann Feuilletonkrieg sein.