Ex-Bildungssenator Horst von Hassel wehrt sich
: „Ich bin stolz auf das Schulgesetz von 1975“

Spektakuläres Abschwören

PISA und die Folgen: Ex-Bildungssenator Horst von Hassel wehrt sich dagegen, für das desaströse Abschneiden Bremens mitverantwortlich gemacht zu werden. Wir drucken seine Erklärung in Auszügen.

Laut Zeitungsbericht erklärte Henning Scherf, das bremische PISA-Ergebnis sei die Quittung für die Bildungspolitik, die die SPD seit 1947 in Bremen verantwortet. Damit signalisierte er nicht nur erneutes spektakuläres Abschwören eigener früherer Überzeugungen, er versucht auf diese Weise offensichtlich auch, alle SPD-Bildungspolitiker und SPD-Schulsenatoren der Nachkriegszeit in die Mitverantwortung zu ziehen.

Für mich und meine verantwortliche Beteiligung als Bildungsdeputierter und Senator (1971-1983) lehne ich diese Inanspruchnahme entschieden ab. Ich bin noch heute stolz darauf, das Bremer Schulgesetz von 1975 mitverantwortlich gestaltet zu haben. Mit Bitterkeit habe ich in späteren Jahren die kleinmütige Aufgabe seiner Vorgaben registriert. Wenn Herr Scherf allerdings einräumen wollte, dass die wesentlichen Ursachen für das bremische PISA-Desaster nach 1990 zu suchen sind, in dem strukturellen Durcheinander als Folge halbherziger Zugeständnisse an bürgerliche Koalitionspartner, in der Hinnahme einer überalterten Lehrerschaft, in den Frequenzerhöhung und Stundenkürzungen, in der Vernachlässigung der materiellen Ausstattung, im Ausblenden dieses wichtigen Politikfeldes aus der politschen Prioritätenliste, in der zunehmenden Ökonomisierung dieses sensiblen Bereichs, dann würde ich ihm nicht widersprechen.

Wie kann verantwortliche Politik erwarten, dass in der bremischen Schule Aufbruchstimmung und Leistungsbereitschaft herrschen, wenn sie im Sanierungsprogramm Bereiche wie Wirtschaft und Wissenschaft (was richtig ist!) mit gewaltigen Investitionssummen ausstattet, die wichtigste Zukunftsinvestition, die in die Bildung der nachwachsenden Generation aber auf diejenige Seite der Haushalte verbannt, auf der nur gespart werden soll.

Finnland zeigt, zu welchen Leistungen und Erfolgen Schule gebracht werden kann, wenn sie für diese gesellschaftliche Aufgabe die Besten in den Lehrberuf ruft und ihnen hohe Anerkennung verschafft, wenn die zentrale Motivation dieser Erzieher ist, jedes Kind zu seinem größtmöglichen Erfolg zu führen, wenn die Gesellschaft ihnen die nötigen materiellen Mittel bereitstellt. Das alles war für Bremen im Schulgesetz von 1975 angelegt. Jetzt geht es offensichtlich nur noch darum, wieweit man der CDU in ihrer Fesstellung vom „verschleppten Strukturwandel“ weiter nachgibt.

Da wäre es doch glaubwürdiger, Herrn Rohmeyer gleich das Bildungsressort zu übertragen. Mit ihm wäre die Rückkehr zur Schulstruktur des 19. Jahrhunderts in den richtigen Händen.

Horst von Hassel