Terroristentreffen an Spaniens Küste

Spanische Zeitung berichtet von letzten Vorbereitungen in Tarragona für die Anschläge vom 11. September

MADRID taz ■ Die letzten Vorbereitungen für die Anschläge vom 11. September erfolgten in Spanien. Das berichtete gestern die Madrider Tageszeitung El País unter Berufung auf einen 700 Seiten Bericht einer Sonderkommission der Nationalpolizei und der Guardia Civil. 100 Polizisten verfolgten die letzten sieben Monate die Spuren von sechs Arabern, die im Juli 2001 mehrere Tage an Spaniens Mittelmeerküste verbrachten.

Zu ihnen gehörte auch Mohammed Atta. Der Koordinator der Selbstmordflüge gegen das World Trade Center und das Pentagon traf am 8. Juli aus Miami kommend in Madrid ein. Er mietete sich bei einer Agentur auf dem Flughafen in einem nahen Hotel ein. Nur Minuten später machte ein Mann arabischer Herkunft das Gleiche. Er legte einen irischen Pass mit dem Namen Iqbal Afzal Admat vor. Hotelbedienstete berichteten, beide unterhielten sich angeregt, „als würden sie sich schon ein Leben lang kennen“. Am nächsten Morgen checkten beide aus. Die Spur Afzal Admats verliert sich auf dem Flughafen. Atta reiste per Mietauto an die Mittelmeerküste ins nordspanische Tarragona.

Aus Hamburg reiste zur gleichen Zeit Attas ehemaliger Mitbewohner Ramzi Binalshibh nach Tarragona. Der 29-jährige Jemenit hatte vergebens versucht ein Visum für die USA zu erhalten. Deshalb soll er die Aktion vom 11. September von der Ferne aus koordiniert haben.

Ihn begleitete ein Mann, den Zeugen als Said Bahaji erkannt haben wollen. Auch Bahaji lebte in Attas Hamburger Wohnung. Er verschwand kurz vor den Anschlägen. In seinem Notizbuch fand sich die Telefonnummer des syrischen Imans Eddin Barakat „Abu Dahdah“. Dieser wurde nach dem 11. September in Spanien als Koordinator von Al-Qaida-Schläferzellen verhaftet.

Atta und die beiden Hamburger verließen am 10. Juli ihre Hotels. Wo sie sich bis zum Rückflug Binalshibhs nach Deutschland am 16. Juli und Attas Rückkehr nach Madrid am selben Tag aufhielten, ist nicht bekannt. Die Behörden gehen davon aus, dass sie sich in der Privatwohnung eines in Spanien ansässigen Al-Qaida-Unterstützers trafen. „Auf langen Sitzungen wurden die letzten Details der Anschläge geklärt. Zum Beispiel wie Binalshibh an Zacarias Moussaoui Geld überweist“, schreibt El País. Der Franzose marokkanischer Herkunft ist der einzige Inhaftierte in den USA, der direkt mit dem 11. September in Verbindung steht.

An diesem „terroristischen Gipfeltreffen“ sollen drei weitere Männer teilgenommen haben. Einer davon war vermutlich Marwan al-Shehhi, der das Flugzeug gegen den Südturm des World Trade Centers steuerte. Mehrere Zeugen an der Küste wollen ihn mit zwei weiteren Arabern gesehen haben. Die Polizei sucht bisher vergeblich nach den beiden sowie nach Attas irischem Freund, Said Bahaji. Ramzi Binalshibh reiste kurz vor den Anschlägen erneut nach Spanien. Dort verlor sich seine Spur, bis er in Afghanistan neue Anschläge ankündigte. REINER WANDLER