CDU kontert Hartz

Wenn die Koalition es mit Arbeitsmarktreformen ernst meine, müsse sie für ein Gesetz von Roland Koch stimmen

BERLIN taz ■ Der Himmel hat der Union diesen Gesetzentwurf gesandt. Im Bundestag steht – eher zufällig – das von Hessen vor längerem eingebrachte „Offensiv-Gesetz“ zur Abstimmung – das punktgenau einen Aspekt enthält, mit dem die Regierung Schröder seit einigen Tagen kokettiert: die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Jetzt ist Schluss damit, arbeitsmarktpolitisch gute Laune zu verbreiten, meint die Union. Die SPD wird sich bekennen müssen – oder gute Argumente finden, warum sie etwas ablehnen will, was ihre derzeit wichtigste Wahlkampfwaffe vorschlägt, die Hartz-Kommission.

Seit einer Woche rätselt die CDU/CSU, wie sie mit den Arbeitsmarktinitiativen des VW-Managers und Arbeitsgurus Peter Hartz umgehen soll: ablehnen, für sich reklamieren, übergehen? Sogar zum Streit zwischen Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) und seinem Superminister in spe, Lothar Späth, soll es gekommen sein. Späth hatte die Ideen von Hartz spontan als revolutionär bezeichnet – eine Spur zu euphorisch für einen Vorschlag des politischen Gegners. Sogar die Umfragewerte der SPD waren mit Hartz’ Vorschlägen wieder in die Höhe gegangen.

Seit gestern scheint die Union wieder eine Nasenlänge voraus zu sein. Denn das Offensiv-Gesetz von Roland Koch (CDU) aus Hessen liest sich vom Ton, der Systematik und den Slogans her wie Punkt 3 der Hartz-Kommission: In „Job-Centern“ solle Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängern „umfassende Hilfe aus einer Hand“ zuteil werden. Es gehe darum, die Erwerbsfähigen zu „fördern und zu fordern“, sprich: Der Hilfesuchende habe nach Kräften bei der Vermittlung mitzuwirken. Nötigenfalls müssen die Arbeitslosen Leistungseinbußen in Kauf nehmen.

Peter Hartz denkt da ganz ähnlich – wahrscheinlich hat er sogar bei Roland Koch abgeschrieben: In „Job-Centern“ soll der Verschiebebahnhof zwischen Arbeits- und Sozialamt aufgehoben werden. Durch die abgestufte Gewährung staatlicher Zuschüsse ist es auch bei Hartz möglich, die Leistungen für Erwerbsfähige, aber Unwillige abzusenken. Auch die SPD nennt das „Fördern und Fordern“.

CDU-Fraktionschef Friedrich Merz reibt sich nun die Hände. „Bei der Abstimmung wird man sehen, ob es der SPD mit den Ideen der Hartz-Kommission ernst ist“, triumphiert er, „oder ob es darum geht, die Wähler hinters Licht zu führen.“ Im parlamentarischen Gang hat das Offensiv-Gesetz bereits die erste Hürde genommen. Der Bundesrat hat es Ende Mai beschlossen, nun ist der Bundestag an der Reihe. In der SPD-Fraktion hieß es gestern, man werde den Antrag der Union voraussichtlich ablehnen. CHRISTIAN FÜLLER