strafplanet erde: frankfurter allgemeine frauen von DIETRICH ZUR NEDDEN
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Wie so oft an dieser Stelle der beste Fifty-fifty-Mix: Retrospektive mit den kultigen Hits der Siebziger-, Achtziger- und Neunzigerjahre und das Superaktuellste von heute.

Nehmen wir zum Beispiel mal den Chartbreaker, als ich so zwischen fünfzehn und siebzehn für ungefähr neuneinhalb Wochen Feminist war. Heute würde man im Rahmen der üblichen zynisch-unbarmherzigen Rhetorik vielleicht das verächtliche Wort „Frauenversteher“ benutzen, aber damals hieß das Feminist, wenngleich ich den zweifellos lila eingefärbten Begriff nie gehört habe.

Ein ganz bestimmtes Ich hatte Verena Stefans Büchlein „Häutungen“ gelesen, weil eine ganz bestimmte Frau die Lektüre für unerlässlich hielt, und kroch danach zerknirscht und mit einem Sack Asche ausgerüstet durch das verminte Gelände der Geschlechterbeziehungen. Gender-Studies auf die nicht hammerharte Tour. (Als Gegengift hätten einige Bibliotheksbesuche später Romane zur Verfügung gestanden wie Montherlants „Erbarmen mit den Frauen“ oder Queneaus „Man ist immer zu gut zu den Frauen“ – aber wer soll das alles wann lesen?)

Unversehens rutschte das Thema Emanzipation wieder ins Zentrum, als ich neulich aus Sorge um das Wohlergehen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ihr Impressum musterte: In den klassischen Ressorts gibt es keine Frau, die redaktionell verantwortlich zeichnet. Nicht eine einzige. Erst bei den Sättigungs-„Beilagen und Sonderseiten“ trifft man auf feigenblättrig angeordnete Angehörige des anderen Geschlechts. Bezeichnenderweise leiten sie Ressorts wie „Jugend schreibt“, „Jugend und Umwelt“ oder „Kunstmarkt“ – und selbstverständlich, damit wirklich alle was zu lachen haben: „Beruf und Chance“.

Dass die Intelligenzmanufaktur FAZ zum Forschungsgegenstand geriet, lag also an den sich überschlagenden Neuigkeiten. Sorgen machte man sich spätestens seit jener Ausgabe, in der sechs Feuilletonseiten lang sechsstellige Buchstabenkolonnen aus den vier Basen der DNA weggedruckt waren. Niemand aber stellte die Frage: Wer hat Korrektur gelesen? Musste es in Zeile 28 der ersten Spalte auf Seite 57 statt GCATTT nicht CGAAAT heißen?

Die Abschaffung der „Berliner Seiten“ wiederum tangiert kaum jemanden, der nicht in der Hauptstadt wohnt, prestigeträchtig dauernd dort zu tun hat, noch in Gefahr ist, im Register erwähnt zu werden. Er hat dieses, wie man hört: „publizistische Kleinod“ nie zu Gesicht bekommen. Aber dass mein Lieblingsteil „Natur und Wissenschaft“ zwei Seiten eingebüßt hat, ist wahrhaftig ein Verlust. Das bedeutet zum Beispiel nichts Geringeres als weniger Überschriften wie „Knoten im Neptunring durch Resonanz verursacht“ oder „Spalthefe mit kompaktem Erbgut“ oder „Seismisches Rauschen in großer Tiefe“.

Zum Trost aber stößt man dann wieder auf einen unbedingt abzuspeichernden Neologismus wie jüngst den, der in eine Buchrezension eingeschmuggelt war. Die „Behandlungsweise“ des Autors sei „etepetistisch geradezu zu nennen“. Etepetistisch. In diesem Sinne.