„Es geht nicht um Kohl“

Der ostdeutsche CDU-Abgeordnete Rainer Eppelmann plädiert beim Stasi-Unterlagen-Gesetz für eine Verschiebung einzelner Passagen bis nach der Wahl

taz: Herr Eppelmann, muss nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil zu den Stasi-Unterlagen über den früheren Kanzler Helmut Kohl das Stasi-Unterlagen-Gesetz novelliert werden?

Rainer Eppelmann: Ja, denn durch das Urteil wird die Arbeit der Gauck-Behörde kompliziert, wenn nicht sogar sehr beeinträchtigt. Wir müssen Formulierungen finden, die die Arbeitsfähigkeit der Stasiakten-Behörde gewährleisten und die dem Grundanliegen des Gesetzes entsprechen, das heißt der Offenlegung und Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit.

Nun hat aber die rot-grüne Regierung einen Gesetzentwurf erarbeitet, der die von Ihnen genannten Wünsche aufgreift. Warum will die Union diesem Entwurf die Zustimmung verweigern?

Weil die Union der Meinung ist, dass der Gesetzentwurf nicht einlöst, was dem Geist des ursprünglichen Gesetzes entspricht. Unstrittig ist, dass es ab Anfang kommenden Jahres keine Streichungen oder Vernichtungen in den Original-Unterlagen geben darf.

Breite Teile in meiner Fraktion sehen aber die große Gefahr, dass in dem Gesetzentwurf der Unterschied zwischen Tätern und Opfern verwischt wird. Es muss auch gewährleistet sein, dass Unterlagen über Opfer nur veröffentlicht werden dürfen, wenn diese dem zustimmen.

Womit Sie den wesentlichen Streitpunkt ansprechen. Die Frage, wer entscheidet letztlich über die Freigabe von Stasiakten über so genannten Personen der Zeitgeschichte.

Für uns als Parlamentarier ist ärgerlich, dass uns durch das Urteil des Verfassungsgerichts kurzfristig ein Gesetz auf den Tisch gepackt wurde, dass wir zu der Zeit gar nicht novellieren wollten. Ich persönlich könnte damit leben, wenn wir eine Einigung erzielen, die eine Schwärzung der Akten verhindert, und wenn wir uns zweitens vornehmen, uns sofort nach der Bundestagswahl an die weitere Novellierung zu machen. Wir verlieren vielleicht einige Wochen oder Monate, ein irreparabler Schaden entsteht aber nicht.

Drängt sich Ihnen nicht der Verdacht auf, dass eine weitere Offenlegung von Stasi-Unterlagen über Prominente gar nicht mehr gewollt wird?

Ich habe nicht den Eindruck, dass das die breite Meinung im Volke ist. Ich habe jedenfalls die Absicht, alles mir möglich zu unternehmen, damit die Offenlegung weiter möglich bleibt.

Sehen Sie denn in Ihrer Fraktion eine Mehrheit, die die Unterlagen über so genannte Personen der Zeitgeschichte wieder Forschern und Journalisten zugänglich machen will?

Das ist zu allgemein. Was heißt schon Person der Zeitgeschichte. Das ist der Egon Krenz und der Hans Modrow genauso wie der Helmut Kohl oder der Rainer Eppelmann. Ich würde da schon gerne Unterschiede machen. Da bin ich mir mit einer ganzen Reihe von Bürgerrechtlern der ehemaligen DDR einig. Ich kann mich in meiner Fraktion nicht des Eindrucks erwehren, dass es eine Reihe von Abgeordneten gibt, die den Eindruck haben, es gehe ausschließlich um Helmut Kohl – was ja wirklich nicht stimmt. Wir haben nicht intensiv und differenziert genug über das Gesetz diskutieren können.

Interview: WOLFGANG GAST