Neue Art von Ladenschluss

Karstadt-Häuser erneut bestreikt. Verkäufer und Kassierinnen wollen sich nicht von anderen Branchen abkoppeln lassen. ver.di verzeichnet steigende Beteiligung

Viele jammern nach Spätöffnung der Läden, Karstadt hatte sie – aber anders als gedacht. Erst mit Stunden Verspätung konnten gestern die Karstadt-Häuser in Hamburg mit Notbesetzungen ihre Pforten öffnen. Die Gewerkschaft ver.di hatte VerkäuferInnen und KassierInnen zum Streik aufgerufen. ver.di-Vize-Chef Ulrich Meinecke: „Mit dem Streik haben die Karstädter wiederholt gezeigt, dass sie für gute Arbeit gutes Geld erwarten und dafür auch kämpfen.“

Es ist das zweite Mal in dieser Tarifrunde, dass um acht Uhr morgens die ver.di-Streikposten vor den Personaleingängen von insgesamt 14 Karstadt-Häusern – darunter bei den Flaggschiffen „Mö“ und Alsterhaus – in ihren weiß-roten Plasitktüten aufziehen. Aufschrift: „Streik“. Bei Karstadt-Mö versuchen MitarbeiterInnen der Personalabteilungen auf die VerkäuferInnen einzuwirken, die Arbeit aufzunehmen. Doch die Nebeneingänge öffnen sich umsonst, das Gros bleibt draußen. „Wir lassen uns nicht von anderen anderen Branchen abkoppeln,“ so ver.di-Sekretärin Brigitte Nienhaus. Der Forderung von 6,5 Prozent mehr Gehalt steht das magere Arbeitgeber-Angebot von 1,7 Prozent gegenüber. Und das, obwohl die Arbeit sich durch Personalabbau drastisch verdichtet hat.

Gegen neun Uhr kommt Spannung auf. Karstadt Mö bleibt dicht. Es treffen erste Meldungen aus anderen Stadtteilen ein. Karstadt Billstedt öffnet nicht, Karstadt Altona ist dicht, Lager Billbrook arbeitet nicht. Dabei wären die Karstadt-Häuser eigentlich verpflichtet die Pforten zu öffnen, weil Parfümerien und Schmuckstände im Erdgeschoss in der Regel eigene Fremdfirmen und Untermieter sind. Und auch als um kurz vor 11 Uhr die ersten Häuser öffnen, ist der Andrang gering. „Reingehen können Sie, die Kassen sind aber nicht geöffnet“, sagt ein Streikender der Kundin, die daraufhin abdreht.

Meinecke ist von dem Streiktag angetan. „Die Streibeteiligung liegt höher als beim ersten Mal“, sagt er. „Man bekommt sogar den Einruck, als würde sich bereits Routine breit machen – eine gute Ausgangsbasis für einen dritten Streiktag.“ Und das, obwohl der Karstadt-Konzern unmittelbar vor der Aktion seine Ankündigung zunächst zurückgenommen hat, alle betrieblichen und freiwilligen Sozialleistungen zu kürzen. Zuschläge und Gratifikaktion bei Hochzeit oder Geburt von Kindern. Meinecke: „Das ist ein ganzer Batzen Geld.“ Meinecke: „Es begreifen immer mehr Leute, dass nur tarifliche Leistungen nicht einfach kürzbar sind.“ KAI VON APPEN