Privat auch am Arbeitsplatz

Ein Arbeitsgruppe der EU will die Kontrollrechte von Firmen über ihre Internetzugänge begrenzen: Die Fähigkeit zur Kommunikation mit der Außenwelt ist nicht teilbar

Solange es um Geschäftsgeheimnisse geht, haben sich Industrieunternehmen stets mit den Datenschützern gegen allzu forsche staatliche Übergriffe auf den Datenfluss im Internet verbündet. Auch in der EU sind radikale Polizeifantasien am Widerstand der Wirtschaftslobby gescheitert. Ganz anders jedoch wenn es um die eigene Belegschaft geht. Am Arbeitsplatz ist der Schutz der persönlichen Daten in der Regel ein Fremdwort. Von der Öffentlichkeit kaum und selbst von den Gewerkschaften viel zu wenig beachtet, ist mit dem Internet ein völlig neues Konfliktfeld in die Betriebe eingezogen.

Kein Arbeitsplatz in der Verwaltung oder im Dienstleistungsgewerbe kommt heute ohne einen Computer mit Anschluss zum Internet aus. Den Beschäftigten steht damit auch während der Arbeitszeit die gesamte Palette der erweiterten technischen Kommunikation zur Verfügung. Angestellte können Mail mit beliebigem Inhalt an beliebige Adressen senden, sie können chatten und Webseiten besuchen, ohne in auffälliger Weise der Arbeit fernzubleiben.

Natürlich versuchen die Unternehmen überall, die private Nutzung des Internets zu unterbinden. Die jeweils hauseigenen Netzwerke erlauben ihnen, den Datenverkehr schrankenlos zu überwachen. Noch fehlen verbindliche Normen, die zwischen legitimen Interessen des Arbeitsgebers und den Persönlichkeitsrechten vermitteln. Überaus lesenswert ist deshalb das Papier der „Arbeitsgruppe zum Artikel 29“ der EU-Kommission, das Ende Mai als Grundlage möglicher, neuer Vorschriften angenommen wurde. Online abrufbar ist es – bislang nur in Englisch – unter europa.eu.int/comm/internal_market/en/dataprot/wpdocs/index.htm. Es beschäftigt sich mit der „Überwachung elektronischer Kommunikation am Arbeitsplatz“ und versucht, einige Prinzipen in dieses neue Gebiet des Arbeitsrechts einzuführen.

Grundsätzlich ziehen die Autoren die „Vorbeugung“ jeder Art von nachträglicher Überwachung vor. Arbeitnehmer hätten demnach wenig Chancen, gegen Filter zu klagen, mit denen ihre Firma den Zugang zu bestimmten Internetadressen sperrt.

Solche Filter sind jedoch nur begrenzt einsetzbar. Sehr viel weitreichender sind daher die Überlegungen der Arbeitsgruppe, wonach die Privatsphäre der Beschäftigten am elektronischen Arbeitsplatz keineswegs endet. Internetarbeitsplätze heben vielmehr den Unterschied zwischen Arbeit und Privatleben tendenziell auf. Denn es es sei ja gerade die jeder Person eigene Fähigkeit zur „Kommuniaktion mit der Außenwelt“ die von der Firma bei der Arbeit eingefordert werde. Sie lässt sich nach Meinung der Arbeitsgruppe nicht eindeutig in einen privaten und dienstlichen Teil aufspalten, und das Papier zieht daraus den Schluss, dass die Datenüberwachung auch am Arbeitsplatz nur in engen Grenzen zulässig sein könne. Legitim ist eine solche Kontrolle danach nur dann, wenn der Arbeitgeber nachweist, dass seine Maßnahme notwendig, zweckdienlich und zeitlich befristet ist, und er außerdem die Betroffenen darüber informiert, welche Daten er von ihnen überwacht. niklaus@taz.de