lokalkoloratur:
Tief im Inneren schlummert die Sehnsucht: Der deutsche Michel schmachtet nach einem Kaiser, braucht Glanz, monarchischen. Harald Juhnke, Naddel, Oliver Kahn – alles nur müder Ersatz auf der Titelseite. Andere Nationen haben das gebrannte Kind Mette Marit, den Reitlehrer von Lady Di, den Schwächling Claus. Auch Franz Beckenbauer kann es nicht leisten, Ehrentitel hin oder her. Dieses Land ist verwaist, seit 1918, orientierungslos schwankend ohne Anker zum Festhalten. Niemanden zum Aufschauen, wohin das Auge reicht, nur graue, müde Staatsoberhäupter wie den braunen Wanderer oder Ruck-Roman. Von Weizsäcker war ein Anfang, Graf Lambsdorff eher ein Betriebsunfall, alles nichts, womit sich wirklich Staat machen lässt. Gottlob gibt es Rolf Seelmann-Eggebert, den Charles von Lokstedt, den Fleisch gewordenen Hofknicks, das Blaublut des deutschen Fernsehens, die Queen Mum des NDR. Einer, der unsere Sehnsüchte befriedigt und uns teilnehmen lässt am Leben der Von und Zu. Dies ist gestern mit dem Bundesverdienstkreuz belobigt worden. Erstaunlich ist nicht die Ehrung, sondern der Umstand, dass der Mann eine solch republikanische Auszeichnung überhaupt annimmt. Der Ritterschlag wäre angemessener gewesen. AHA
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen