Eine Branche trägt Trauer

Deutschlands Zeitungsverleger leiden unter anhaltendem Werbeschwund. Anzeigenaufkommen um 13 Prozent gesunken. Keine Besserung in Sicht. Strukturwandel macht Personalabbau unumgänglich, aber keiner weiß, wie viel

Die Zeitungsbranche ächzt und eiert: Um 13 Prozent liegen die Anzeigenumsätze der ersten fünf Monaten des Jahres 2002 unter denen des Vorjahres. Und anders als in den USA oder Großbritannien will in Deutschland auch niemand ein Ende der internationalen Werbekrise sehen: Das Gerede vom „Silberstreif am Horizont“ sei „reine Spekulation“ sagte Verbandsgeschäftführer Volker Schulze gestern bei der Jahrespressekonferenz des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) in Berlin.

Solange hierzulande keine wesentliche Belebung der Konjunktur festzustellen sei, werde das auch so bleiben: „Es zeichnet sich definitiv nichts ab“, so Schulze, ja „nicht einmal das Weihnachtsgeschäft“, das in den Vorjahren stets für ein Anzeigenhoch sorgte, lasse in diesem Jahr die Verlegerherzen höher schlagen.

Jetzt sitzen die Herren über Deutschlands Tages-, Sonntags- und Wochenzeitungen also wieder auf dem Werbeeinnahmen-Stand des Jahres 1997 (siehe Kasten), verweisen auf deutlich gestiegene Kosten – und weinen Krokodilstränen: „In den Verlagen kommt praktisch alles auf den Prüfstand“, beteuert der Verband. Und da sei auch „ein Personalabbau nicht zu vermeiden“. Leider, natürlich.

Denn nun seien die Verleger gezwungen, „notwendige und fällige Umstrukturierungen“ mit „enormen Tempo“ zu bewerkstelligen. Man könnte allerdings auch sagen, die Branche hat geschlafen und die Rekordwerbeeinnahmen der Jahre 1999/2000 für allzu bare Münze genommen. Jetzt ist der Druck von außen durch den Rückgang der Werbeeinnahmen so stark, dass das Zeitungsgewerbe zu etwas mehr als der sonst üblichen Innovation im Schneckentempo gezwungen ist.

Dass vor allem die größeren Verlage in der Krise auch eine Chance zur Marktbereinigung sehen, kommt erwartungsgemäß beim BDZV niemandem über die Lippen. Dabei hat hier der Kampf über die künftige Aufteilung der Pfründe erst begonnen. Denn regionale und lokale Tageszeitungen sind, von Ausnahmen abgesehen, immer noch ein lohnendes Geschäft mit zweistelligen Umsatzrenditen.

Im Moment verschwindet derlei jedoch hinter den Schlagzeilen um Kirch und Springer, um Entlassungen bei der FAZ und den Berliner Zeitungsmarkt. Die Branche schaue „mit höchstem Interesse“ auf das „Berliner Experiment“, sagt BDZV-Sprecher Hans-Joachim Fuhrmann und meint die redaktionelle Halbfusion von Springers Welt und Berliner Morgenpost nebst dem, was der Holtzbrinck-Konzern mit seinen beiden Hauptstadtblättern Tagesspiegel und Berliner Zeitung noch alles anstellen wird.

Genaue Zahlen zum Personalabbau möchte der BDZV allerdings niemandem zumuten: Die amtliche Pressestastik, so Volker Schulze, sei nun mal 1996 eingestellt worden. Natürlich erhebe der Verband jetzt intern unter seinen Mitgliedern. Doch da wage er nicht „mit Zahlen zu operieren“. Denn die Angaben sind freiwillig. Doch in einem ist sich Schultze sicher: „Nach wie vor bietet die Zeitungsbranche stabile Arbeitsverhältnisse.“ STG