Pisanus Berufung

Der Rücktritt von Innenminister Scajola ist Pisanus Chance: Der Mann aus dem Schatten des Forza-Italia-Stars verspricht keinen Kurswechsel

ROM taz ■ Italiens neuer Innenminister heißt Giuseppe Pisanu. Direkt nach dem Rücktritt seines Vorgängers Claudio Scajola, wegen beleidigender Äußerungen über das Terroropfer Marco Biagi unhaltbar geworden, ernannte Ministerpräsident Silvio Berlusconi erneut einen Politiker aus seiner Partei Forza Italia zum Chef des Innenressorts.

Nicht nur die gemeinsame Parteizugehörigkeit, auch die gemeinsame Vergangenheit – beide kommen aus der Christdemokratie – rückt den Wechsel ganz ins Zeichen der Kontinuität. In der Tat wird Pisanu kaum einen Kurswechsel vornehmen; abgesehen davon, dass er „abwarten will, bevor ich mein Mundwerk in Bewegung setze“, wie er maliziös bemerkte.

Zugleich ging mit dem Wechsel auch ein Machtkampf in der Forza Italia zu Ende; nicht um politische Positionen, sondern um den Einfluss der wichtigsten Männer hinter Berlusconi. Pisanu war eins das Opfer des scheinbar unaufhaltsamen Aufstiegs Scajolas, der Berlusconi überhaupt erst einen funktionierenden Parteiapparat geschaffen und ihm den Wahlsieg von 2001 organisiert hatte. Das Ergebnis: Pisanu, in der letzten Legislaturperiode noch einflussreicher Fraktionsvorsitzender von Forza Italia, musste sich mit dem Pöstchen eines „Ministers für die Umsetzung des Regierungsprogramms“ bescheiden.

Ein weiterer Gegner Scajolas, Franco Frattini, darf jetzt hoffen, noch vor der Sommerpause zum Außenminister nominiert zu werden. Berlusconi hat angekündigt, sich bis August von dem Posten zurückzuziehen. Frattini, bisher Geheimdienstkoordinator, wird in Scajola-Kreisen verdächtigt, jene Briefe Marco Biagis in die Öffentlichkeit lanciert zu haben, die am Ende zum Sturz Scajolas führten. Auch an der außenpolitischen Orientierung Italiens unter Berlusconi wird dies nichts ändern – Frattini ist als nibelungentreuer Berlusconi-Mann bekannt.

Was Berlusconi bleibt, ist der Imageschaden seiner Regierung. Den suchte der Regierungschef in der von Tumulten begleiteten Parlamentsdebatte Dienstagabend dadurch wettzumachen, dass er wie schon zuvor dem gewerkschaftlichen Protest im Land die moralische Verantwortung für den Mord an Marco Biagi anlastete. MICHAEL BRAUN