h.g. hollein
: Abfall

Der Müll, den ich trenne, endet bisweilen im Verdruss. Als getreulicher Entsorger führe ich den diesbezüglichen Behältnissen in unserem Nestchen nun mal geschäftig alles zu, was ohne offensichtlichen Zweckbezug auf meinen Wegen liegt. Und da liegt viel. Nicht zuletzt, weil die Frau, mit der ich lebe, ihr präpubertäres Trauma eines allzeit aufgeräumt zu seienden Kinderzimmers nachhaltig überwunden hat. So wandern denn regelmäßig neben aufgerissenen leeren Briefumschlägen, Pizzadienst-Prospekten und erbaulichen Gemeindebriefen auch angeknüllte Notizzettel mit hastig hingekritztelten Verabredungen samt den für ihre Einhaltung erforderlichen Adressen in die Altlasten. Daraus resultieren beim Aufbruch dann immer recht possierliche Wortwechsel. Genau genommen sind es eher einseitige Gefechte, die auf meinem reuigen Rücken ausgetragen werden, derweil ich mich vor der Altpapierkiste kniend in beteuernden Bekundungen ergehe, das Corpus delicti müsse ja irgendwo sein, und als gelernterArchäologe bin ich schließlich dafür prädestiniert, verschütt gegangene Schriftzeugnisse zu bergen. Auch habe ich schon so manchen beiläufig aufgesaugten Ohrring hustend aus dem Inhalt praller Staubsaugerbeutel gesiebt. Dank ist mir dafür noch nie geworden, und von irgendwelchen erzieherischen Effekten hinsichtlich des Ablegeverhaltens der Gefährtin kann wahrlich nicht die Rede sein. Wenn sie nach vollbrachtem Tagwerk das traute Heim betritt, fällt eben alles von ihr ab. Was nun auch wieder was für sich hat.