Pippifax um Unisex

Der inneruniversitäre Klokampf erreicht den ersten Höhepunkt: Eine Toilette wartet jetzt bei den Geisteswissenschaftlern auf Besucher beider Geschlechter. Ob das man(n) gut geht?

Der Kanzler versucht, zu deeskalieren: „Keiner wird gezwungen, dieses Klo zu benutzen“

Droht an der Universität Bremen – von der Öffentlichkeit bisher weitgehend unbemerkt – der Untergang der abendländischen Kultur? Diese Befürchtung lassen dem Vernehmen nach vereinzelt akademische Kreise im Gebäude der Geisteswissenschaften GW II laut werden. Stein des Anstoßes ist eine bauliche Kuriosität: In der dritten Ebene gibt es im Kunstbereich seit eh und je nur eine Toilette – und diese ist laut offizieller Kennzeichnung der Männerwelt vorbehalten.

Falsch, befinden seit Jahrzehnten die überwiegend weiblichen Studierenden und Mitarbeiterinnen der universitären Kunstszene. Und entsprechend wird das stille Örtchen je nach Bedarf von Männlein und von Weiblein gemeinsam genutzt. „Unisex“ – prangt mit Edding deutlich am Türblatt. Zuvor waren verschiedene kreative Schilder gleichen Inhalts von anonymen Saboteuren abgerissen worden.

Ein Fall für Sacha Sobkowiak, Kunststudent im zweiten Semester. Er entwarf ein geschlechtsintegratives Projekt, das „Gender-Klo im GW 2“, in dem er im Rahmen seiner Semesterarbeit den umstrittenen Abort gestalterisch und als Event zu einem praktischen Beitrag der Gender-Diskussion umgestaltet hat: Bunte Hüte für sie und ihn, Schminkutensilien aller Art, Sonnenbrillen und Puderquaste. Und an den Fliesen Fotos von bekennenden Sitzpinklern und emanzipierten Pissoir-Userinnen.

Und was sagen die NutzerInnen? „Nichts für schüchterne Leute“, findet Mathematikstudent David Leinhäuser. „Supertolle Toilette!“, urteilt hingegen Tabea Mertens. „Ist doch klasse, dass jetzt breit über die Nutzung debattiert wird, wo hier doch sowieso fast nur Frauen arbeiten!“ Lotta Zimmermann möchte auf alle Fälle, dass die Fliesenbilder bleiben –„und dann wollen wir doch mal sehen, wie die Menschen damit umgehen!“

Jolanda Feindura, verantwortliche Hochschullehrerin, freut sich ebenfalls über eine witzige Klokultur, die für sie durchaus beispielhaft für die Uni werden kann. „Kunst als Diskussionsprozess hat auch in diesem Fall eine Eigendynamik, das macht dieses Projekt so spannend.“

Und die Unileitung? „ Kein Mensch wird gezwungen, dieses Klo zu benutzen“, versucht Rüdiger Kück als amtierender Kanzler den Konflikt zu deeskalieren. „Man(n) kann sich ja durchaus eine Etage höher oder tiefer zurückziehen“, rät er weise.

Oliver Chrystossen, Kunststudent und Projektfan, ist jetzt gespannt, wie es weitergeht. „Das ist nur ein erster Höhepunkt im pulsierende Klokampf!“

Ulrike Hövelmann