Westen geizt mit Aidshilfe

Auftakt der 14. Internationalen Aids-Konferenz in Barcelona. Hilfsorganisationen werfen reichen Staaten und UNO Versagen vor. Pro Jahr fehlen sieben Milliarden Dollar für Aidsbekämpfung

BARCELONA epd/dpa/afp ■ Mit einem Aufruf zu verstärkten Anstrengungen im Kampf gegen Aids ist am Sonntagabend in Barcelona die 14. Welt-Aids-Konferenz eröffnet worden. „Wir brauchen jährlich zehn Milliarden Dollar“, sagte der Direktor des Aids-Programms der Vereinten Nationen (UN-Aids), Peter Piot, im Kongresspalast. Dies sei mehr als dreimal so viel, wie derzeit zur Bekämpfung der Immunschwächekrankheit ausgegeben werde. Zwei Drittel dieser Summe müsse aus den wohlhabenden Staaten des Nordens kommen.

Piot zog eine positive Zwischenbilanz im Kampf gegen Aids. Die Krankheit sei heute ein Thema der Weltpolitik, Entwicklungsländer stünden heute sechsmal so viel Mittel zum Kampf gegen Aids zur Verfügung wie 1998. Angesichts der schnellen Ausbreitung von Aids in Asien warnte Piot die internationale Gemeinschaft allerdings davor, jene Fehler zu wiederholen, die zu der Katastrophe in Afrika geführt hätten. Noch heute würden auf diesem Kontinent nur 30.000 Aids-Kranke behandelt.

Hilfsorganisationen warfen dagegen der UNO und den reichen Staaten Versagen im Kampf gegen Aids vor. Der Beitrag der reichen Länder habe nicht einmal ein Zehntel der Summe erreicht, die auf dem G-8-Gipfel in Genua im Jahre 2001 versprochen worden war, heißt es in einem Manifest der Organisation „Solidays“. Ihr gehören 57 vornehmlich aus ärmeren Ländern stammende Vereinigungen an. Die Pharma-Industrie wurde in der Erklärung nicht angegriffen.

Sechs führende Pharma-Unternehmen haben am Sonntag eine Vereinbarung vorgelegt, die allen Staaten der Karibik bis zu 90 Prozent günstigere Medikamente zur Behandlung von Aids zusichert. Dies erklärte der Gesundheitsminister Guyanas, Leslie Ramsammy, am Rande einer Handelskonferenz. Die Medikamente seien nun für die Länder bezahlbar und könnten direkt zur Behandlung angewandt werden. Das Abkommen soll auf der Aids-Konferenz noch offiziell unterzeichnet werden. Nach Angaben der UNO waren bis Ende 2001 420.00 Menschen in der Karibik und 1,5 Millionen Menschen in Mittel- und Südamerika mit dem Aids-Virus infiziert.

In Barcelona debattieren rund 15.000 Ärzte, Wissenschaftler, Rechtsanwälte, Politiker und Mitarbeiter von NGOs bis zum Freitag über Möglichkeiten, die Epidemie einzudämmen. In den nächsten 20 Jahren drohen bis zu 68 Millionen Menschen an Aids zu sterben. Jährlich kommen laut UNO 750.000 HIV-infizierte Kinder auf die Welt.

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