Unternehmer machen Druck

Das Berliner Personalvertretungsrecht ist verfassungswidrig, sagt der Unternehmerverband und legt dafür eine Studie vor. Die Beschäftigtenrechte würden notwendigen Personalabbau verhindern

von RICHARD ROTHER

In der Sommerpause wetzen Verbände aller Art ihre Messer. So auch der UVB, die Vereinigung der Unternehmerverbände Berlin und Brandenburg. Verbandschef Hartmann Kleiner monierte gestern, das Berliner Personalvertretungsgesetz sei verfassungswidrig. Was aber haben Unternehmer mit den inneren Strukturen des öffentlichen Dienstes zu tun? Ganz einfach: Weil der Stellenabbau im öffentlichen Dienst nicht vorankomme, fehle es an Geld für Investitionen, so Kleiner. Geld, das die Unternehmer gerne hätten.

Schon während der rot-roten Koalitionsverhandlungen sei immer wieder gesagt worden, verschiedene Maßnahmen zum Personalabbau gingen rechtlich nicht, so Kleiner. Daraufhin haben die Unternehmer das Personalvertretungsgesetz unter die Lupe nehmen lassen und ein juristisches Gutachten in Auftrag gegeben. Der Verwaltungswissenschaftler Jan Ziekow von der Hochschule Speyer kommt nun in seinem gestern vorgestellten Gutachten zu dem Ergebnis, dass das Berliner Personalvertretungsrecht sowohl gegen das Grundgesetz als auch gegen die Berliner Landesverfassung verstößt.

Ziekow hebt insbesondere den Verstoß gegen das Demokratieprinzip hervor. Dieses verlange die Letztentscheidung durch eine uneingeschränkt demokratisch legitimierte Stelle. Verbindlich sei dies auch dort, wo amtliche Aufgabenerledigung die Interessen von Beschäftigten berühren. An dieser Stelle gehe aber das Berliner Personalvertretungsgesetz einen verfassungsrechtlich nicht legitimierten Weg, indem es der Personalvertretung Entscheidungsbefugnisse einräumt, die über die verfassungsrechtlich gebotenen Empfehlungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten hinausgingen.

Im Klartext heißt das: Sollte Mitarbeitern gekündigt werden, könnten dies die Personalratsvertreter faktisch verhindern. Angesichts der Schieflage des Landeshaushalts, in dem sämtliche Steuereinnahmen Berlins vom öffentlichen Dienst verbraucht würden, sei das Personalvertretungsrecht ein unhaltbarer Zustand, so Kleiner. Zudem habe es die große Koalition versäumt, auf ein entsprechendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1995 zu reagieren und das Gesetz anzupassen.

Bisher hat noch keine Landesregierung versucht, die gesetzlich vorgegebenen Rechte der Beschäftigtenvertretungen zu beschneiden. Kleiner hofft nun, dass sich der rot-rote Senat an dieses heiße Eisen heranwagt. „Wenn man den Haushalt sanieren will, muss man auch die rechtlichen Rahmenbedingungen dazu verbessern.“

Die Gewerkschaften lehnen das Ansinnen des Unternehmerverbandes erwartungsgemäß ab. Das Ganze sei ein Gefälligkeitsgutachten, mit dem man im Sommerloch punkten wolle, sagt Ver.di-Chefin Susanne Stumpenhusen. Auch ohne ein Vetorecht des Hauptpersonalrats seien betriebsbedingte Kündigungen im öffentlichen Dienst ausgesprochen schwierig durchzuführen.

Für den Vize-Chef des Hauptpersonalrats, Uwe Januszewski, hat sich das Personalvertretungsrecht seit Jahrzehnten bewährt. Beim Stellenabbau der vergangenen Jahre habe sich gezeigt, dass die innerbetriebliche Demokratie im öffentlichen Dienst funktioniere. Dass sich der Unternehmerverband nun in die Diskussion einmischt, versteht der Personalrat nicht. Offenbar verkenne der Verband seine eigentlichen Aufgaben.