Arbeitslos in New York – und dann?

Für viele Menschen in der US-Metropole läuft die Arbeitslosenunterstützung aus. Die einmalige Verlängerung des Arbeitslosengeldes geht zu Ende, obwohl immer mehr ohne Beschäftigung sind. Einzige Hoffnung ist der Wahlkampf

aus New York NICOLA LIEBERT

Mindestens 100.000 New Yorker haben bis Ende Juni ihre Arbeitslosenunterstützung verloren. Sechs Monate lang gibt es üblicherweise Geld vom Staat, rund 1.650 Dollar im Monat, unabhängig vom vorherigen Einkommen. In sechs Monaten, so die Erwartung, die Staat und Arbeitnehmer teilen, müsste sich ein neuer Job finden lassen.

Nicht so in dieser Rezession. Leo Jakobson zum Beispiel wurde im vergangenen August mit dem Platzen der Internetblase arbeitslos, als sein Arbeitgeber, ein Magazin über die Internetwirtschaft, Pleite machte. Ein paar Wochen später fanden die Terrorangriffe auf das World Trade Center statt. „Auf einmal gab es nichts mehr zu tun, nicht freiberuflich, nicht fest angestellt, und das änderte sich auch nicht, bis mein Arbeitslosengeld auslief“, erzählt Jakobson.

Diese Situation blieb dem Kongress nicht verborgen. Ungefähr 265.000 New Yorker suchen einen Job, 43 Prozent mehr als vor einem Jahr, aber zugleich gibt es 110.000 Arbeitsplätze weniger als damals. Die Arbeitslosenquote in der Stadt ist im Mai auf acht Prozent gesprungen. Landesweit lag sie im gleichen Monat bei 5,8 Prozent, im Juni stieg sie auf 5,9 Prozent. Das sind knapp achteinhalb Millionen Menschen, die einen Job suchen. Besonders schwer ist das verarbeitende Gewerbe von der Rezession betroffen: Hier wurden im letzten Jahr pro Monat 115.000 Arbeitsplätze gestrichen.

Ausnahmsweise verlängerte der Kongress im März die Arbeitslosenunterstützung in den Bundesstaaten mit besonders hoher Arbeitslosigkeit um weitere drei Monate. Besonders New York profitierte davon. Doch die Gnadenfrist lief im Juni ab. Und dann? Organisationen, die Lebensmittel an Bedürftige verteilen, bereiten sich auf einen Ansturm vor. Sozialhilfe ist für die meisten Betroffenen keine Option. Sie sei ein „Stigma, ein Ausdruck des persönlichen Scheiterns“, erklärt Jakobson. „Das macht man frühestens dann, wenn die Alternative heißt: Sozialhilfe oder obdachlos.“ Jakobson hat Glück, seine Wohnung ist so billig, dass er mit Hilfe eines Untermieters weiter die Miete zahlen kann. Wenn es ganz schlimm kommt, muss er sein Motorrad verkaufen, die Eltern oder Freunde anpumpen.

Die Familie, Freunde, eigene Ersparnisse oder der Pensionsfonds – das sind die Quellen, aus denen sich viele Arbeitslose wohl noch eine Weile versorgen müssen. Nicht wenige ziehen aus der Stadt mit ihren hohen Mieten weg. Eine Studie nach der letzten Rezession Anfang der Neunzigerjahre hatte ergeben, dass damals rund sechs Prozent der New Yorker, deren Arbeitslosenunterstützung ausgelaufen war, privaten Konkurs anmelden mussten.

Anders als etwa Kalifornien oder Oregon kann New York aber keine weitere Verlängerung vom Kongress bekommen, weil insgesamt im Staat die Arbeitslosenquote mit 6,1 dafür nicht hoch genug ist. Und schlimmer noch: Da Analysten weitere Entlassungsrunden an der Wall Street erwarten, könnte die New Yorker Arbeitslosenquote bis Jahresende auf zehn Prozent steigen, meint der Wirtschaftsforscher James Parrott vom Fiscal Policy Institute: „Es sieht nicht so aus, als hätte die Stadt schon die Talsohle erreicht.“ Die meisten Ökonomen rechnen damit, dass die Arbeitslosigkeit weiter steigt.

Dies könnte nun die Politiker auf den Plan rufen. Denn im Staat New York herrscht Wahlkampf. Andrew Cuomo, der sich um das Amt der Gouverneurs bewirbt, hat bereits angedeutet, dass er eine Verlängerung der Arbeitslosenunterstützung befürwortet.