american pie
: Die Baseballprofis drohen mit Streik

Feuer unter dem Hintern

Der Schriftsteller B. Traven beschrieb einmal, wie man bei bestimmten Indianerstämmen dem Häuptling in regelmäßigen Abständen ein hübsches Feuer unter dem Allerwertesten entfachte, um ihn nicht zu selbstgefällig werden zu lassen. Genau diesen Effekt erhoffen sich die besten Spieler der Major League Baseball von ihrem Treffen am Rande des gestrigen All-Star-Games in Milwaukee. Da der aktuelle Vertrag zwischen Profigewerkschaft und Teambesitzern im November ausläuft, steht der Liga wieder einmal ein Arbeitskampf bevor, und die Spieler ließen in Milwaukee keinen Zweifel an ihrer Bereitschaft zum Streik. „Ich hoffe, das macht ihnen Feuer, endlich Verhandlungen auf den Weg zu bringen“, sagt Pitcher Kelly Wunsch von den Chicago Red Sox in Richtung der Arbeitgeber, die bislang Gesprächsbereitschaft vermissen ließen.

Die Baseball-Profis wissen, dass sie nur Druck ausüben können, wenn die Saison läuft, danach könnten die Besitzer mit Aussperrungen und Einfrieren von Vertragsgesprächen einseitig ihre Interessen durchsetzen. Streitpunkte sind vor allem die Begrenzung der Gehaltsentwicklung, die Verkleinerung der Liga und die Einführung von Dopingkontrollen. Das Vertrauen der Profis in die Einsicht der Klubbesitzer ist gering. „Die Tatsache, dass es nie eine Übereinkunft ohne Streik gab, sagt doch alles“, meint Atlantas Pitcher Tom Glavine.

Dass der neunte Streik in der Geschichte des Baseball fatal für den Sport wäre, da sind sich alle einig. Bis heute hat sich die Liga nicht vom letzten Arbeitskampf 1994 erholt, als die Profis im August Schläger und Handschuhe niederlegten und es erstmals seit 1904 keine World Series gab. Danach war der Zuschauerschnitt beträchtlich gesunken und liegt auch jetzt noch deutlich unter der Marke vom Sommer 1994. Die letzte packende World Series, welche die Arizona Diamondbacks gegen die New York Yankees gewannen, tat der Liga extrem gut, ein Popularitätsgewinn, der jetzt vom schnellen Verfall bedroht ist. „Wenn es eine Arbeitsniederlegung gibt, wird das Spiel während unserer Karrieren nie mehr dasselbe sein“, sagt Arizona-Pitcher Curt Schilling. Das wäre es wert, findet Alex Rodriguez, Großverdiener bei den Texas Rangers: „Wenn wir Major League Baseball für die nächsten 25, 30 Jahre besser machen können, müssen wir es tun. Und wenn es dazu einen Streik braucht, dann wird es ihn geben.“ MATTI LIESKE