Raubbau von heute

von BERNHARD PÖTTER

Nachhaltige Entwicklung ist in vielen Fällen bereits Realität – doch in der Summe kommen Belange der Umwelt und des Sozialen regelmäßig unter die Räder. Fast alle globalen Trends weisen auch zehn Jahre nach der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio in die falsche Richtung: Der Verbrauch von Energie und Ressourcen wächst weltweit, und mit ihm nimmt der Ausstoß an Schadstoffen zu. Die Zahl der armen Menschen nimmt kaum ab, im Gegenteil, Hunger und Krankheiten verwüsten ganze Länder. Die Menschen vernichten ihre natürlichen Lebensgrundlagen: Die Vielfalt der Arten schwindet, der Regenwald wird gerodet, Meere werden leer gefischt. Die Folgen des ökonomischen Raubbaus an der Ökologie zeigen sich vor allem im sozialen Bereich: Vor allem Menschen in den Entwicklungsländern leiden unter den Folgen des Klimawandels, des Artenschwunds und der Wasserknappheit. Eine „ökologische Aggression des Nordens gegen den Süden“ nennt das der Chef des UN-Umweltprogramms, Klaus Töpfer. Und die Armen zerstören zusätzlich, auf der Suche nach einer Möglichkeit zum Überleben, ihre eigenen Lebensgrundlagen durch Raubbau und Ausverkauf.

So kann es nicht weitergehen, beschlossen 1992 in Rio de Janeiro alle Staaten der Welt. Doch es geht so weiter. Die wirtschaftliche Globalisierung hat das Primat der Wirtschaft gegenüber der Umwelt und der sozialen Welt durchgesetzt. Seitdem gelten Umwelt und Soziales erst recht als Zulieferbetriebe für die Ökonomie. Die Wirtschaft spielt beide Bereiche gegeneinander aus. Sie sucht sich die billigste Arbeit weltweit und zahlt kaum etwas für den Verbrauch von Ressourcen und die Ablagerung von Schadstoffen. Diese Rechnung geht auf lange Sicht nicht auf. Sie ist das genaue Gegenteil von Nachhaltigkeit.