Zermürbungskrieg um Ron Sommer

Wieder einmal Gerüchte um eine Ablösung des Vorstandschefs der Deutschen Telekom AG. Bundesregierung dementiert nicht ganz überzeugend. Aufsichtsrat trifft sich eventuell am Dienstag zu Sondersitzung. Sommer hält mit Erfolgsgerüchten dagegen

von REINER METZGER

Die Treibjagd auf Ron Sommer ist wieder einmal eröffnet. Schon mehrmals wurde der eloquente Chef der Deutschen Telekom aus seinem Amt geredet, und noch jedes Mal hielten die Bundesregierung und auch die Mehrheit seines Aufsichtsrates zu ihm. Diesmal soll alles anders sein. Der anhaltende Niedergang der T-Aktie wird von der SPD angeblich als Belastung im Wahlkampf empfunden – und zwar so stark, dass er die auch nicht positiven Auswirkungen eines spektakulären Rauswurfs von Ron Sommer kurz vor der Wahl aufhebt.

So berufen sich seit dem Wochenende einige Zeitungen auf „Regierungskreise“, wenn sie die anstehende Demission Sommers vermelden. Im Klartext soll das heißen: Der Kanzler hat ihn aufgegeben. Das Kanzleramt dementiert die Meldungen oder sagt gar nichts dazu. Im zuständigen Finanzministerium nannte man die Gerüchte „reine Spekulationen“ – immerhin kein Dementi. Unterstützt wurden die Spekulationen von SPD-Generalsekretär Franz Müntefering. Er sagte am Montag, man erwarte, dass der Aufsichtsrat der Telekom notfalls in die Unternehmensgeschicke eingreife. Im Grunde eine Binsenwahrheit, die aber garantiert nicht nach einer Unterstützung Ron Sommers aus vollem Herzen klingt.

Offiziell bestellt und entlässt den Vorstand einer Aktiengesellschaft der Aufsichtsrat. Er besteht bei der Telekom aus zwanzig Mitgliedern. Zehn davon sind Vertreter der Telekom-Belegschaft, davon drei Funktionäre der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di. Sieben Vertreter entstammen der deutschen Industrie, darunter der ausschlaggebende Vorsitzende des Aufsichtsrats, Hans-Dietrich Winkhaus. Er gehört zur Chemiefamile Henkel. Die Bundesregierung entsendet Heribert Zitzelsberger, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium. Außerdem noch einen Vertreter der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau, bei der die Bundesregierung 12 Prozent der Aktien geparkt hat, sowie den Ex-ZDF-Indendanten Dieter Stolte. Insgesamt hält der Bund noch 43 Prozent der T-Aktien.

Am Dienstag kommt der Aufsichtsrat eventuell zu einer Sondersitzung zusammen, um sich mit dem Problem Sommer zu beschäftigen. Nur wenn ein überzeugender Nachfolger in Sicht ist, kann kurz vor der Bundestagswahl die Telekom enthauptet werden.

Ron Sommer selbst hilft sich mit eigenen Gerüchten. Er lässt durchsickern, dass die Telekom im ersten Halbjahr wesentlich bessere Geschäfte als erwartet gemacht und die hohen Schulden von 67 Milliarden Euro um mehrere Milliarden abgebaut hat. Auch soll sich bei der überteuert gekauften US-Mobilfunk-Tochter Voicestream die Zahl der Kunden erfreulich entwickeln. Die Jagd bleibt spannend.