berliner szenen Theaterschweiß

Das erste Mal

Die Handflächen schwitzen. Und die Achselhöhlen. Überhaupt transpiriert der ganze Körper. Manche Drüsen machen sich unangenehmerweise gerade durch das Ausscheiden von salzhaltigen Wassermolekülen bemerkbar. Dabei ist es in diesem Moment doch von solch enormer Bedeutung, angenehm zu riechen. Beim ersten Mal.

Vielleicht gibt es einen kausalen Zusammenhang zwischen Schweiß und erstem Mal. Etwa so: Immer, wenn etwas völlig Neues ansteht, wird ein chemischer Prozess in Gang gesetzt, den wenige wirklich mögen, aber jeder erleben darf. Sozusagen oszillierendes Porengedöns. In der Kalkscheune hinterm Friedrichstadtpalast konnte jetzt diese Theorie bestätigt werden. Dort werden Theaterstücke vorgestellt, die in Deutschland noch nie aufgeführt wurden. Organisiert von der Kulturwerkstatt Berlin und Brandenburg. Mittwochabend hatte man ein Stück von der jungen dänischen Autorin Line Knutzon ausgesucht, die als Newcomerin der skandinavischen Dramatik zählt. „Splinten i hjertet“ („Splitter im Herzen“) hatte vor einem dreiviertel Jahr am Theater Trier Premiere.

Jetzt hat sich die Stückeschreiberin offenbar von der Peripherie ins Zentrum vorgearbeitet: In Berlin lesen Anne-Rebekka Düsterhöft, Christian Giese und Hans-Jürgen Papst „Det er sa det nye“ („Das ist jetzt das Neueste“). Ein Stück absurdes Theater im modernen Leben. „Beckett auf LSD“, wie ein Kritiker bemerkte. Die Reihe in der Kalkscheune hat man „Das erste Mal“ getauft. Während über Berlin ein Unwetter brodelt, flackern im Saal die Lichter. Es donnert. Von frischer Luft fehlt jede Spur. Dabei wird die schwitzige These tatsächlich im Selbstversuch belegt: Den Anwesenden perlt der empirische Beweis von der Stirn. OLIVER RUF