Tip & Zitty oder Tipy

Nach der Holtzbrinck-Übernahme des Berliner Verlags blicken zwei Stadtmagazine in eine ungewisse Zukunft

Alle halten sich bedeckt. Bloß nichts sagen, bevor das Bundeskartellamt zugestimmt hat und den Weg definitiv frei macht für die Übernahme des Berliner Verlags durch die Holtzbrinck-Gruppe. Am 26. Juni hat der Verlag Gruner + Jahr den Verkauf seiner Berliner Medien, darunter Berliner Zeitung und Tip, offiziell bestätigt. Tip und Zitty gehören seit dem 1. Juli dem gleichen Verleger. Allerdings kann es noch bis zu vier Monate dauern, bis beim Bundeskartellamt eine Entscheidung über die Übernahme gefällt wird.

Logisch, dass nun wild spekuliert wird. Sogar eine Vereinigung der beiden Stadtmagazine kann niemand ausschließen. „Wir glauben nicht an eine Fusion mit der Zitty, denn schließlich schreiben wir schwarze Zahlen“, hofft der stellvertretende Tip-Chefredakteur Hans-Joachim Wacker. Genaueres will auch Zitty-Chefredakteur Hans-Joachim Neumann nicht sagen: „Holtzbrinck führt alles selbständig weiter.“

Bei der Journalisten-Gewerkschaft DJU, ein Fachbereich der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di, löst die mögliche marktbeherrschende Stellung von Holtzbrinck bei den Berliner Stadtmagazinen große Skepsis aus. „Im Prinzip finden wir jede Konzentration schlecht, auch wenn beide Blätter weitergeführt werden. Schlimmer ist aber eine Zusammenlegung“, sagt die Bundesgeschäftsführerin Ulrike Maerks-Franzen.

Doch Vorsicht: Der Griff zu Tip oder Zitty ist für viele Käufer ein Glaubensbekenntnis. Auch wenn Themen oft ähnlich sein mögen, der Zungenschlag ist es nicht. Alternativ gegen hip, Umweltpapier gegen Hochglanz, Alt-68er gegen urbane Junggebliebene scheint eine gesunde Konkurrenz zu sein. Im Wochenwechsel verkauft Tip 75.000 Hefte, Zitty wartet mit 60.000 Exemplaren auf. Wie soll da das Prinzip „Eine Stadt – ein Stadtmagazin“ aufgehen?

Das ist sogar für die kostenlose Konkurrenz 030 unvorstellbar. „Schade, wenn eins von beiden Magazinen verschwinden würde“, sagt der kaufmännische Leiter Stefan Sauerbrey, „auf dem Markt ist sowieso Platz für mehrere.“ Es gebe einfach unterschiedliche Leserinteressen, begründet er. Jünger, musikinteressierter und unpolitischer ist beispielsweise die Klientel der Gratismagazine 030 und Flyer. Wie gut die Geschäfte bisher gelaufen sind, kann man auch an den Anzeigen sehen. Dort machen Tip, Zitty und 030 seit 1993 gemeinsame Sache. Die „Berlin Connection“ bietet im Anzeigen-Verbund Mengenrabatt.

Prinz ist das dritte Berliner Verkaufsmagazin. Jünger als Tip – das Magazin feierte kürzlich seinen 30. Geburtstag – und noch jünger als Zitty (25) ist der typische Leser des Monatsmagazins, verdient gut, Politik interessiert ihn nur am Rande und Konsum ist seine Leidenschaft. Im Veranstaltungsdschungel der Großstadt schlägt das Magazin mit der Machete den Pfad frei zu den fünf besten Partys. „Das reicht mir, mehr schaff ich gar nicht“, spricht der Hamburger Chefredakteur Rainer Thide die Wünsche seiner Leser aus. Diese sind zum großen Teil noch neu in Berlin, haben keine Ahnung vom Nachtleben und wollen es langsam angehen lassen. Die Metropole soll übersichtlich werden. „Die Auflage hat sich positiv entwickelt“, sagt Thide, „von 170.000 Ende 1999 auf jetzt 260.000 verkaufte Hefte, 20.000 in Berlin.“

Wenn es nach ihm ginge, dann könnten die beiden Stadtmagazine fusionieren und statt zwei Mal die Woche wöchentlich erscheinen, schlägt der Prinz-Chefredakteur vor. „Das würde ein großer Flop werden“, sei sein blattmacherisches Gefühl.

Das Bundeskartellamt wird entscheiden, ob Holtzbrinck überhaupt die beiden Stadtmagazine unter einem Dach vereinigen kann. Bei einer Monopolstellung kann das Kartellamt von Holtzbrinck verlangen, eins der Magazine zu verkaufen. „Springer oder auch der Jahreszeitenverlag“ kämen als Interessenten in Frage, meint der Prinz-Chefredakteur. Dann wäre die Vereinigung erst einmal abgewendet. Die Macher von Tip und Zitty, die jetzt die Luft anhalten, könnten erst einmal wieder aufatmen.

AGNES CIUPERCA