Warschau lobt Pläne für EU-Agrarreform

Da es in Polen vor allem kleine Bauernhöfe gibt, sind diese von der Obergrenze der Direktzahlungen nicht betroffen

WARSCHAU taz ■ Polens Landwirtschaftsminister Jaroslaw Kalinowski reibt sich zufrieden die Hände: „Die EU bewegt sich in die richtige Richtung.“ Zwar garantiere die geplante Landwirtschaftsreform den polnischen Bauern noch nicht von Anfang an die gleichen Bedingungen wie denen in der EU. „Aber wir verhandeln ja noch.“ Auch Premier Leszek Miller wirkt geradezu erleichtert über die Reformvorschläge, die EU-Kommissar Franz Fischler am Mittwoch vorstellte, warnt allerdings zugleich: „Der Beitritt darf sich durch die Agrarreform nicht verzögern.“

Genau das fürchten viele Polen. Zwar hat man Verständnis für die Deutschen, die nicht weiter größter EU-Nettozahler sein wollen, andererseits hat man den Eindruck, dass Kanzler Schröder sein EU-Sparkonzept auf Kosten der Polen durchsetzen will. Auch die Franzosen, die den Löwenanteil der Direktbeihilfen kassieren, stehen im Verdacht einer „Nur selber fressen macht fett“-Politik.

In Polen trifft Fischlers Konzept auf viel Wohlwollen, weil ab 2004 die Direktzahlungen zurückgefahren werden sollen – um jährlich 3 Prozent bis 2011. Nach einem anderen Vorschlag der EU-Kommission sollen aber die Bauern der Kandidatenländer nicht sofort in den vollen Genuss der Direktbeihilfen kommen, sondern zunächst mit 25 Prozent starten und in zehn Jahren auf das Förderniveau der heutigen EU kommen. Der neue Vorschlag Fischlers würde bedeuten, dass sich die Wartezeit auf die vollen Direktbeihilfen für die polnischen Großbauern auf sieben Jahre verkürzen würde.

Auch die Forderung Fischlers die Obergrenze der Förderung bei 300.000 Euro festzulegen, schreckt in Polen, anders als in Ostdeutschland, nur wenige. Davon wären wohl nur knapp 20 Prozent der Bauernhöfe betroffen. Langfristig hingegen kommt das Konzept den vielen Kleinbauern Polens zugute, denn gefördert werden soll in Zukunft ja nicht mehr Masse, sondern Qualität und möglichst ökologischer Anbau. „Jerzy Plewa, Vizelandwirtschaftsminister: „Auch wenn wir in Polen noch nicht das Einkommen erreichen, das heutigen EU-Bürgern zur Verfügung steht, so sind wir doch in der Frage der Lebensmittelqualität sehr empfindlich. Polnische Agrarprodukte sind im Allgemeinen gesünder als die EU-Rinder oder -Hühner, da unsere Bauern gar nicht das Geld haben, um solche Mengen an Kunstdünger wie in der EU einzusetzen.

Trotz dieses Wohlwollens gegenüber der EU-Reform musste sich der EU-Erweiterungskommissar Günther Verheugen auf seiner zweitägigen Polenvisite immer wieder fragen lassen, wie er sich denn als polnischer Bauer fühlen würde, wenn er nur 25 Prozent Direktbeihilfe erhielte, sein französischer Kollege aber 100 Prozent? „Wir haben zwei Möglichkeiten“, stellte Verheugen klar: „Entweder wir warten, bis alle Kandidaten das heutige EU-Entwicklungsniveau erreicht haben und verhandeln erst dann über einen Beitritt – das würde im Falle Polens eine Wartezeit von 20 Jahre bedeuten. Oder wir suchen nach Lösungen, die den Kandidaten ermöglichen, die EU-Standards so rasch wie möglich zu erreichen. GABRIELE LESSER