Kokosflocken & Geborgenheit schenken

Hochschultage und City-of Science-Sonnabend zusammen ergaben einen hoffnungslosen – aber doch spannenden – Kunst-Overflow am Wochenende: Ein Streifzug der taz durch das Samstags-Angebot der Hochschule für Künste

Ein Tag der Kunst für die vier Elemente: Feuer, Erde, Wasser, LuftKokosflocken, tote Fliegen, Grashalme: fertig ist der eigenen 16mm Kunstfilm

Samstag, 11:55 Uhr: Genau rechtzeitig, um in der Dechanatstraße den Aufbruch der Bildhauerklasse zu erleben: ein Monstrum von einem Stein soll auf dicken Holzbohlen durch Innen- und Neustadt gerollt werden, „Massenbewegung“ nennt sich das Projekt. Im Moment herrscht aber eher der Eindruck von Massenchaos und die ersten fragen sich zögernd, wie dieses Federgewicht wohl jemals ankommen soll.

12:00 Uhr: Mit dem festen Entschluss, mich von der endlosen Liste verschiedenster Veranstaltungen nicht einschüchtern zu lassen, beginne ich die Hochschultage ganz entspannt bei der „französischen Matinée“ der Klarinettenklasse. Mit dieser Idee steht man allerdings ziemlich alleine da. Kaum 20 Zuhörer verteilen sich im Konzertsaal, die meisten scheinen die Musiker auf der Bühne zu kennen.

12:50 Uhr: Auf den Fluren gibt es Kunst zu bewundern. Dem Thema des Tages entsprechend haben sich Studenten aller Bereiche mit den vier Elementen auseinandergesetzt und sind dabei auf mehr oder minder spannende Möglichkeiten gestoßen. Viele der präsentierten Arbeiten – wie etwa große transparente „Luftschüsseln“ – faszinieren, die diversen Lehm- und Tonfiguren rufen dagegen höchstens gleichgültiges Achselzucken hervor.

13:15 Uhr: Im Erdgeschoß leuchten die Augen: Dort kann man mit Kokosflocken, toten Fliegen und Gräsern seine eigenen 16mm-Filme drehen, die gleich mitnehm-tauglich auf Video gebannt werden. Die Aktion ist zwar eigentlich für Kinder und Jugendliche gedacht, doch an dem langen Tisch freuen sich hauptsächlich erwachsene Damen über ihre außergewöhnlichen Ergebnisse bei recht wenig kreativem Aufwand. Jede/r fühlt sich schließlich gern als KünstlerIn.

14:05 Uhr: Erstaunliche Menschenmengen in der Galerie, wo Rektor Peter Rautmann mit einigen allgemeinen Worten über die vier Elemente spricht. Eigentlich sollte auch Bürgermeister Scherf jetzt hier sein, in altbewährter Politiker-Manier ist er jedoch „verhindert“ und schickt statt dessen seinen persönlichen Referenten, der doch recht nette Überlegungen zu Kunst und Wissenschaft von seinem Zettel abliest. Schließlich – die taz berichtete – finden die heutigen Veranstaltungen auch im Rahmen des 5. City-of-Science-Sonnabends statt. Davon merkt man sonst zwar insgesamt eher wenig, aber es klingt gut.

15:00 Uhr: Im Gebäude am Wandrahm ist tote Hose. Die im Programm angekündigte Modenschau fällt aus oder war vielleicht nur ein Druckfehler (?). Aber auch sonst stehen im Treppenhaus hauptsächlich beschäftigungslose Studenten herum. Im ersten Stock läuft das „Intermediale Spiel mit Feuer, Erde, Wasser, Luft“, einer Art computergesteuertem Ching-Chang-Chong, dessen tieferer Sinn (sollte es ihn wirklich geben) sich auch nach mehreren Durchgängen nicht offenbart. Dafür sind am Infostand schöne Postkarten von Julia Baier zu kaufen (siehe taz vom 12. und 13. Juli).

16:00 Uhr: Zurück in der Dechanatstraße gibt es dann doch eine kleine Modenschau. Im mit Watte ausgelegten Raum werden die pastellfarbigen Kleider von Angela Krone Teil einer kunstvoll-sphärischen Inszenierung mit Musik und Text. Am Ende bekommt jeder Zuschauer ein kleines Zettelchen in die Hand gedrückt: „Einfach ein bisschen Geborgenheit verschenken“, steht dort. Irritierend. Naja, die Kleider jedenfalls waren schön.

16:20 Uhr: Auf den Boden geklebte Zettel lenken zum Mitmach-Tanzen. Begleitet von geduldigen Musikerinnen führt Jürgen Schrape die größtenteils weiblichen Interessenten in historischen Tanz und Ballett-Exercises ein bis die Füße weh tun.

16:55 Uhr: Auf dem Hof ist bei schönstem Sommerwetter inzwischen richtig was los. Die „Projektgruppe Cartoon“ skizziert im Sekundentakt lustige Zeichnungen aus den Unterschriften der Besucher, einige Schritte weiter lässt sich per Live-Übertragung das Voranrollen des steinernen Klopses mit der „Massenbewegung“ verfolgen. Die tapferen Bildhauer haben sich bereits bis in die Westerstraße vorgekämpft, knapp die Hälfte der Strecke liegt aber immer noch vor ihnen. Es gibt erste dramatische Finger-Quetschungs-Szenen, aber immerhin: Das Roll-Tempo hat sich in den vergangenen fünf Stunden deutlich gesteigert. Bodil Elstner