13 Jahre Haft für Parkplatz-Schüsse

Gericht sieht Totschlag als erwiesen an, weist Mordvorwurf jedoch zurück / Fassungslosigkeit über tödliche Eskalation eines Streits um zugeparktes Auto / Großes Sicherheitsaufgebot trennte Familien von Opfer und Täter

Nach dem Streit um einen zugeparkten Wagen, bei dem im vergangenen Dezember ein Mensch erschossen worden und ein weiterer verletzt worden war, hat das Landgericht Bremen gestern sein Urteil gefällt: Ein 36-jähriger Türke wurde wegen Totschlags und versuchten Totschlags zu 13 Jahren Haft verurteilt. Der Staatsanwalt hatte zuvor lebenslange Haft wegen Mordes gefordert, der Verteidiger hingegen auf Freispruch plädiert.

„Ich empfinde Fassungslosigkeit, dass das Parken eines Autos solche Folgen haben konnte“, sagte der Vorsitzende Richter Helmut Kellermann. Nach Überzeugung des Gerichts war es am Abend des 2. Dezember auf einem Parkplatz im Marßeler Feld zum Streit gekommen, weil der Angeklagte mit seinem Wagen das Fahrzeug eines Landsmanns zugeparkt hatte. Auf ein Wortgefecht folgte ein Handgemenge. Während immer mehr Angehörige und Freunde hinzukamen, habe das spätere Opfer den jetzt Verurteilten 15 Minuten lang am Boden fixiert und die alarmierte Polizei erwartet. „Diese Demütigung vor den Augen seiner Familie hat ihn so wütend gemacht, dass Kulturtechniken anschließend kaum noch eine Rolle spielten“, analysierte der Richter.

Als der Täter schließlich kurz vor dem Eintreffen der Polizei freigelassen wurde, habe er sofort gezielt auf seinen Peiniger und dessen Bruder geschossen. Das 19-jährige Opfer wurde ins Herz getroffen, der 20-jährige Bruder in den Oberschenkel. Der Angeklagte hatte die Tat im Prozess bestritten und die Waffe blieb verschwunden, doch die Aussagen von Zeugen und ein Amateur-Video hätten eindeutig belegt, dass nur er geschossen haben könne, so der Richter.

Dem Mordvorwurf des Staatsanwaltes schloss sich das Gericht nicht an, weil die Tat im Affekt begangen worden sei. Als strafmildernd wertete Kellermann, dass der Angeklagte in seinem Schlusswort zumindest sein Bedauern über den Vorfall geäußert hatte. Von einem minder schweren Fall ging er jedoch nicht aus. Die Verteidigung kündigte an, Revision einzulegen.

Nachdem es bereits am ersten Verhandlungstag zu heftigen Tumulten im Gericht gekommen war, fand die Urteilsverkündung unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen statt: 20 Polizisten trennten die Angehörigen und Freunde des Opfers von denen des Täters. Nach der Urteilsverkündung richtete der Kammer-Vorsitzende einen eindringlichen Appell an die Familien: „Lassen Sie nicht zu, dass es eine Dauerfehde ohne Ende gibt.“

MALTE KREUTZFELDT