Grüne: Koalition sitzt Ausschuss aus

Schweres Geschütz im Zechbau-Untersuchungsausschuss: Mit langwierigen Verfahren wolle man die eigentliche Untersuchung vermeiden, kritisiert der Grüne Matthias Güldner. Koalition erklärt: Unser Vorgehen ermöglicht erst Struktur

„Nun müsste man auch nach Parteispenden und nach Politiker-Reisen fragen“, erklärte gestern der Grüne Matthias Güldner, der als einziges Oppositionsmitglied im Untersuchungsausschuss „Bau und Immobilien“ sitzt. Güldner hatte Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft eingesehen und daraufhin derlei Fragen gefordert. Gestern ist er damit gescheitert.

Denn gestern hat der Untersuchungsausschuss das weitere Vorgehen beschlossen.

Das soll in drei Phasen geschehen. Für Planung, Ausschreibung und Vergabe der Vorhaben Siemens-Hochhaus, Polizeihaus, Polizeipräsidium in der Vahr, Bahnhofsvorplatz, Weserstadion-Ostkurve, Contrescarpe-Center und Großmarkt sollen die Zeugen jeweils einzeln befragt werden. „Lebensweltlich völlig daneben“ finden das die Grünen, in jeder Verwaltung, in jedem Betrieb gingen die Stadien Planung, Ausschreibung und Vergabe ineinander über, deshalb sollten sie im Ausschuss auch gemeinsam behandelt werden.

Der Verdacht der Grünen: „Das ist ein klarer Versuch, zu dem eigentlichen Untersuchungsgegenstand nicht mehr zu kommen“, so Matthias Güldner. Denn der Ausschuss ist unter Druck. Am 6. August beginnen die Befragungen der Zeugen – 15 bis 20 „entscheidende Player“ (O-Ton Güldner) aus den Senatsressorts, der Bremer Investitions-Gesellschaft und der Weserstadion-GmbH, einst Bremer Sport und Freizeit. Bis Jahresende muss der Ausschuss durch sein, denn das Verfassen des Abschlussberichts dauert auch noch einige Monate – und mit der nächsten Bürgerschaftswahl im Mai ist die Zeit abgelaufen.

Außerdem bemängeln die Grünen die „Qualität der Fragen“. Ist im Formulierungsvorschlag der Grünen ausdrücklich von „unzulässigen Einflussnahmen auf die politischen, administrativen oder faktischen Entscheidungsträger“ die Rede, lautet die kritischste Frage im gestern abgesegneten Beschluss: „Welche alternativen Konzepte sind entwickelt worden?“

Die Akten der Staatsanwaltschaft, aufgrund derer Güldner nun am liebsten nach „Reisen, Darlehen, Spenden“ an „Abgeordnete, Parteien, Stiftungen“ fragen würde, sind vertraulich. Um die Vertraulichkeit aufzuheben, bedarf es der Zustimmung des Senats. Auf die man wohl lange warten dürfe, mutmaßt Güldner. Doch für ihn steckt in diesen Ermittlungsakten – darin Zeugenvernehmungsprotokolle, polizeiliche Recherchen und Originalakten – die eigentliche Brisanz. Wenn sie vertraulich bleiben, dürfen Zeugen nur in nicht-öffentlicher Sitzung daraufhin befragt werden, und auch im Abschlussbericht dürfte nichts aus diesen Akten vorkommen.

Güldner ist indes der Einzige, der die brisanten Akten zu kennen scheint. Die anderen Ausschussmitglieder hatten noch keine Gelegenheit, die Papiere, die am Freitagnachmittag die Bürgerschaft erreicht hatten, einzusehen. Sie weisen Güldners Vorwürfe vehement zurück.

Bereits am 20. Juni habe man über das dreigeteilte Verfahren beraten, so Ausschussvorsitzende Catrin Hannken (CDU), dazu habe Güldner keine Stellung genommen. Gerade die Dreiteilung mache erst eine strukturierte Untersuchung statt „oberflächlicher Effekthascherei“ möglich. „Wir wollen alle sieben Projekte vergleichen und Strukturen feststellen, um zu erkennen, was falsch gelaufen ist“, so Hannken.

Ähnlich äußert sich Ursula Arnold-Cramer von der SPD, die die Grünen-Vorwürfe für „ein starkes Stück“ hält. „Wir gehen so vor, dass wir uns nicht verheddern“, sagt sie, und: „Wer nicht zu Potte kommt, das sind die Grünen.“ Ja, richtig, die Zeit sei knapp für ein solches Vorhaben. „Wir tun alles, um aufzuklären“. Aber, und das klingt ein bisschen, als sei es nicht ihr Problem: „Wir haben den Antrag (auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, Anm. d. Red.) so nicht formuliert.“

Susanne Gieffers