BUNDESTAG SOLL NICHT ÜBER MILITÄREINSÄTZE IM AUSLAND ABSTIMMEN
: Lästiges Parlament

Wolfgang Schäuble hat ja so Recht: Die Handlungsfähigkeit der Regierung wird erheblich dadurch eingeschränkt, dass sie für militärische Auslandseinsätze die Zustimmung des Bundestages benötigt. Eigentlich schränkt das Parlament überhaupt ziemlich oft den Spielraum der Regierung ein. Sollte man es nicht einfach auflösen? So weit möchten Schäuble und seine Mitstreiter aus den Reihen der Union nun allerdings nicht gehen. Sie plädieren lediglich dafür, den Parlamentsvorbehalt bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr zu reformieren.

Reform: das ist ein Wort, das sich immer gut anhört. Es klingt selbst dann modern, wenn es um Ziele geht, die Erinnerungen an den alten Obrigkeitsstaat wachrufen. Konkret schlägt Schäuble vor, dass künftig nicht mehr der Bundestag einem geplanten Einsatz zustimmen soll, sondern stattdessen die Regierung einen Ausschuss vertraulich über ihre Absichten informiert, dessen Mitglieder diesen Plänen dann widersprechen können. Ein erstaunlicher Vorschlag – vor allem vor dem Hintergrund der flammenden Empörung über die Informationspolitik des Verteidigungsministers. Ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, zu dem die gesamte Opposition mangelnde Offenheit der Exekutive beklagt, wollen führende Vertreter dieser Opposition die offene Debatte mit anschließender Abstimmung durch bloße Geheiminformationen der Regierung ersetzen. So furchtbar ernst ist die angebliche Besorgnis über mangelnde Transparenz offenbar nicht zu nehmen.

Sowohl der Bundeskanzler als auch der Verteidigungsminister lassen durchaus Sympathie für die Abschaffung des Parlamentsvorbehalts in dieser Frage erkennen, und so ist der Schäuble-Vorschlag keinesfalls chancenlos. Sollten sich die großen Parteien darauf verständigen, dann wird die Öffentlichkeit wieder einmal zu hören bekommen, dass schließlich auch in vielen anderen Nato-Staaten eine Zustimmung des Parlaments zu Auslandseinsätzen nicht erforderlich sei. Das ist wahr. Der Parlamentsvorbehalt ist ebenso wie das Prinzip der Inneren Führung eine Konsequenz aus der deutschen Geschichte. Beide sollen der Entstehung von Militarismus bereits in den Anfängen wehren.

Die Verbündeten, die eben nicht zwei Weltkriege angezettelt haben, sahen weniger Veranlassung zur Errichtung von derartigen Schutzwällen als die Deutschen. Das ist bedauerlich, denn im Hinblick auf demokratische Prinzipien wäre es wünschenswert, wenn mehr Staaten den Parlamentsvorbehalt einführten – und nicht etwa andere ihn abschafften. Seltsam, dass man sich so gerne bei Einschränkungen der demokratischen Rechte am Beispiel anderer orientiert. Und so selten bei ihrer Erweiterung. BETTINA GAUS