Willkommen in der Normalität

Sekt für die Verfassungsrichter: GAL feiert Karlsruher Urteil zur Homo-Ehe auch als eigenen Erfolg und bringt eigenen Gesetzentwurf in die Bürgerschaft ein. Der Rechtssenat wird zur Zustimmung im Bundesrat aufgefordert

von PETER AHRENS

Die GAL hat groß aufgefahren: Der Presseraum ist überfüllt, die Partei hat zahlreiche gleichgeschlechtliche Paare mobilisiert, Sekt steht auf dem Tisch, an der Wand lehnt ein überdimensionales Schild: „Karlsruhe stoppt Stoiber.“ Und der Abgeordnete Farid Müller hat die passenden großen Worte parat: „Dies ist ein historischer Tag. Die Rechtlosigkeit schwuler und lesbischer Paare ist ab heute beendet.“

Das gestrige Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur Homo-Ehe schreiben sich die Hamburger Grünen auch als eigenen Erfolg auf die Fahne. Als Trumpfkarte im beginnenden Bundestagswahlkampf und gleichzeitig hochwillkommen als Instrument gegen den politischen Gegner: „Die Bundesrichter sind näher am Volk als der Kanzlerkandidat der Union“, kommentiert der schwulenpolitische Sprecher der GAL-Fraktion die gescheiterte Klage Bayerns in Karlsruhe.

Für Müller aber auch Anlass, die Hamburger Senatspolitik zum Handeln aufzufordern. Der Rechtssenat hatte sich bisher hinter dem ausstehenden Urteil des Verfassungsgerichtes versteckt und eine Position zur Ablehnung der Homoehe durch die CDU-Mehrheit im Bundesrat vermieden. „Jetzt gibt es für den Senat keinen Ausweg mehr.“ Müller appelliert an die Konservativen, und auch das klingt bedeutungsschwer: „Geben Sie Ihren Kampf auf, es ist vorbei.“

Bürgermeister Ole von Beust und dessen Justizsenator Roger Kusch (beide CDU) hätten nun die Gelegenheit, „den Anspruch der Weltoffenheit“ einzulösen, indem der Senat dem Lebenspartnerschaftsgesetz auch im Bundesrat zustimme. „Vielleicht sind die Kürzungen bei Schwulen- und Aids-Projekten nur ein Ausrutscher und die Ignoranz dieses Senats gegenüber dem CSD auch“, ironisiert Müller. Falls Hamburg jedoch künftighin die Partnerschaft mit Bayern pflege und die Lebenspartnerschaft blockiere, dann „glaube ich nicht mehr an einen Ausrutscher“.

Die GAL selbst wird nach der parlamentarischen Sommerpause einen eigenen Gesetzentwurf in die Bürgerschaft einbringen, wonach das nun sanktionierte Bundesrecht komplett auf Landesebene übertragen werden soll. Dazu sollen nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten für schwullesbische Paare festgelegt werden, zum Beispiel, wie Müller anführt, „die Überprüfung von schwulen oder lesbischen Partnern von Senatsmitgliedern, wenn es um geheime Verschluss-Sachen geht“.

Aus Sicht der GAL stellt das Urteil „einen Gewinn für alle, nicht nur Schwule und Lesben“ dar. Das Gericht habe verkündet, was Müller schon lange glaubt: „Orientierung an christlichen Meinungen, so sehr ich die akzeptiere, haben in der Politik nichts zu suchen.“ Es werde nun durch die Bundesrichter juristisch festgeschrieben, „was längst als Normalität akzeptiert ist“.

Dass es zur akzeptierten Normalität doch noch ein Weilchen hin ist, bewiesen im Anschluss an die Pressekonferenz einige MedienvertreterInnen, welche die erschienenen schwullesbischen Paare wie ExotInnen umschlichen und interviewten.

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