Noch viele Mehmets

Muhlis A. darf nach Deutschland zurückkehren. Doch viele andere Jugendstraftäter werden weiterhin abgeschoben

BERLIN taz ■ Muhlis A. alias „Mehmet“ soll einen freudigen Luftsprung gemacht haben, als er am Dienstag vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts erfuhr, das dem 18-jährigen Jugendstraftäter die Rückkehr in seine Heimatstadt München ermöglicht. Doch immer noch werden straffällige Jugendliche ohne deutschen Pass in ihre „Herkunftsländer“ abgeschoben, auch wenn sie in Deutschland geboren sind.

Wie viele „Mehmets“ es in Deutschland jährlich gibt, sagt keine offizielle Statistik. Der Frankfurter Anwalt und Experte für Ausländerrecht, Victor Pfaff, vermutet „mehrere hundert Fälle“. Ob sich daran nach dem „Mehmet“-Urteil etwas ändern wird, ist fraglich. Denn die Berliner Richter hatten entschieden, dass „Mehmets“ letzte Straftat, die er als strafmündiger 14-Jähriger begangen hatte, nur nicht schwer genug wog, um eine Ausweisung zu rechtfertigen.

Trotzdem hat der Türkische Bund Berlin-Brandenburg das „Mehmet“-Urteil als „historische Entscheidung“ begrüßt. Auch von SPD, Grünen und FDP gab es positive Reaktionen. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Rüdiger Veit sagte, es sei „seit jeher meine Auffassung gewesen, dass er zurückkehren soll“ und „ein deutsches Problem“ sei. Volker Beck, rechtspolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, hält das Urteil „von der Grundanlage her für richtig“. Er wünsche sich aber eine grundsätzliche Gleichbehandlung von jugendlichen Straftätern mit deutschem oder ausländischem Pass.

Der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Max Stadler, forderte, das Urteil müsse „jetzt auf das Verwaltungshandeln in allen Ländern durchschlagen“.

Deutlichen Unmut über das Urteil äußerte Hans-Peter Uhl, der die Abschiebung von Mehmet 1998 als Münchner Kreisverwaltungsreferent vorangetrieben hatte. Der jetzige CSU-Bundestagsabgeordnete sprach von einer „Perversität der Rechtssprechung“, die auf Familienschutz abstelle, obwohl „Mehmet“ gar nicht zu seinen Eltern zurückkehren, sondern „auf Kosten der Steuerzahler“ sozialtherapeutisch betreut werden soll. Mit dem Sanktionsmittel der Abschiebung jugendlicher Straftäter habe der Staat „ein Bein verloren“. SEBASTIAN SEDLMAYR