Bildung: ja bitte, zahlen: nein danke

Volkshochschule schlägt Alarm: Nichtabiturienten-Kurse vor dem Aus, Bildungssenator Lemke (SPD) will nicht mehr zahlen. SPD: Kultursenator soll zahlen. CDU: Das ist Sache des Bildungsressorts. VHS-Chefin Loer: „Skandal!“

Ein „bildungspolitischer Skandal“ sei es, was da gerade passiere, schlug gestern Barbara Loer, Leiterin der Bremer Volkshochschule, Alarm. Denn Anfang der Woche hatte sie Post von Bildungssenator Willi Lemke (SPD) bekommen. Inhalt: Die Absage an die Weiterfinanzierung der Nichtabiturienten-Kurse (NAK). Die Kurse, in denen sich berufstätige Menschen auf ihre Prüfung zur Hochschulzugangsberechtigung (Nichtabiturienten-Prüfung, kurz NAP) vorbereiten, werden von so genannten abgeordneten Lehrern geleitet – Lehrern, die aus dem Schuldienst „abgeordnet“ wurden und jetzt zurück an die Schulen sollen. So auch die Nichtabiturienten-Lehrer. Ein seit Jahren bestehendes Modell beendete das Ressort mit den Worten: „Leider ist der Senator für Bildung und Wissenschaft nicht mehr bereit, diese für alle Seiten zufriedenstellende Lösung beizubehalten.“

Für die VHS bedeutet dies das Aus nicht nur für die Kurse, sondern auch für die Prüfung, die zwar „de jure noch möglich ist, aber faktisch schafft man das nicht ohne die Kurse“, so Loer.

340 Menschen haben auf diese Weise ihre Hochschulzugangsberechtigung erworben, in vier Semestern, mit Gebühren von knapp 240 Euro pro Halbjahr. Derzeit büffeln 28 Menschen für ihre Prüfung, weitere 28 absolvieren einen Vorkurs.

Die bestandene Prüfung ist gleichwertig mit dem Abitur (siehe Kasten). Dass die NAP-AbsolventInnen, von denen rund 80 Prozent anschließend studiert haben, dennoch kein Abitur haben, ist eine Frage der Begriffe: Das Abi definiert sich als Schulabschluss – die Nichtabiturienten begreifen sich aber ausdrücklich als Nicht-Schüler.

Vor fünf Jahren bekräftigte die Bildungsdeputation, dass die VHS die Vorbereitungskurse fortsetzen sollte. Ein Vertrag, auf den Loer sich berufen könnte, kam zwar nie zustande, doch das Modell funktionierte auch so. Nun aber holt das Bildungsressort seine LehrerInnen zurück an die Schulen. Von rund 5.000 LehrerInnen gab es einst rund 300 an Kultureinrichtungen abgeordnete – sie sollen entweder von dem bezahlt werden, dem sie dienen, dem Kultursenator nämlich. Oder spätestens zum neuen Schuljahr wieder dort sein, woher sie einst kamen, in der Penne. Also auch nicht mehr in der VHS. Rund 100 Stunden pro Woche – ein Umfang von vier Stellen – werden dort von mehreren Lehrkräften in Sachen NAK gegeben. „Damit wird der Haushalt des Bildungsressorts auch nicht saniert“, sagt Barbara Loer und klingt sarkastisch.

Nur lobend äußerte sie sich gestern über Kultursenator Kuno Böse (CDU). „Bis an die Schmerzgrenze“ seines Ressorts sei er bei den Verhandlungen um die abgeordneten Lehrer gegangen. Dass die VHS nun aber in die Röhre guckt, lastet Loer nicht ihrem Dienstherrn an. Denn die NAK seien eine Dienstleistung, die die VHS gegenüber dem Bildungsressort erbringe. Eine ureigene Aufgabe von Bildung, die extern von der VHS erbracht werde ... und für die Lemke nun nicht bezahlen will. Er will es nun der VHS oder dem Kulturressort überlassen, wie die NA-Kurse weiter zu finanzieren seien.

Die bildungspolitische Sprecherin der SPD, Ulrike Hövelmann, unterstützt den Lemke-Kurs. Die abgeordneten Lehrer müssen zurück, sagt sie. „Ich möchte gerne, dass die VHS weiter die NAK machen kann. Aber das liegt bei der VHS, und die liegt beim Kulturressort.“ Hövelmann wäre „sehr glücklich, wenn der Bereich NAK im Kulturressort so prioritär gesehen würde, dass man dort bereit ist, das weiter zu bezahlen.“

Ihr CDU-Kollege Claas Rohmeyer spielt den Ball zurück. Die Nichtabiturienten-Prüfung werde schließlich vom Bildungsressort abgenommen. Deshalb seien auch die Vorbereitungskurse Bildungssache. Die könne man „nicht so einfach vor die Tür des Kulturressort kehren“. Es werde, ist sich Rohmeyer sicher, hierzu noch „ein Nachgespräch auf Senatorenebene“ geben.

Das klang gestern aus dem Hause Lemke etwas anders. „Irreführend“ sei Loers Darstellung der Dinge, so eine Pressemitteilung. Die VHS-Dienstleistung komme nicht etwa dem Bildungsressort zugute, sondern den Erwachsenen, die sich auf die NAP vorbereiteten. „Erwachsenenbildung“, hieß es so einfach wie knapp, „ist Sache der Volkshochschule.“

Susanne Gieffers