Flaute auf der Straße

Hinz & Kunzt hat mit Auflagenschwund und dem Euro zu kämpfen. Trotzdem setzt das Obdachlosenmagazin weiter auf Qualität

„Es stehen nach wie vor alle uneingeschränkt hinter dem Produkt“

von PETER AHRENS

Ein Verkäufer steht drei Stunden mit der Hinz & Kunzt auf der Straße, ohne ein einziges Exemplar abgenommen zu bekommen. Ein Bild, das sich in Hamburg in den vergangenen Monaten wiederholt. Die RedakteurInnen und VerkäuferInnen des Straßenmagazins merken die Umstellung auf den Euro. Die VerkäuferInnen bleiben immer häufiger auf ihren Ausgaben sitzen. Die Druckauflage von Hinz & Kunzt wurde im zweiten Quartal dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahr von 69.000 auf 60.833 gesenkt. Chefredakteurin Birgit Müller entwarnt jedoch: „Weitere Sparmaßnahmen sind nicht geplant. An der Qualität des Blattes wird nicht gerüttelt.“

„Viele Verkäufer halten den Frust nicht aus, stundenlang das Magazin anzubieten und kaum etwas zu verkaufen“, hat Müller Verständnis für die Obdachlosen. Wenn dann noch ein verregneter Sommer wie der diesjährige dazu kommt, „dann ist das natürlich ganz schlimm für uns“. Wenige Leute im Freien unterwegs, die als KäuferInnen in Frage kämen – und darüber hinaus noch die allüberall gärende Zeitungskrise mit sinkenden Anzeigeneinnahmen: „Im Moment sind die Vorzeichen einfach nicht gut für uns.“

Müller weist jedoch alle Spekulationen zurück, das Blatt habe dadurch finanzielle Existenzsorgen. Auch die Geschäftsführung und die Herausgeberin, Landespastorin Annegrethe Stoltenberg, übten bisher in keiner Weise Kostendruck auf die Redaktion aus: „Es stehen nach wie vor alle uneingeschränkt hinter dem Produkt.“

Hinz & Kunzt ist nicht das einzige Obdachlosenmagazin, das Einbußen hinnehmen muss. In dieser Woche hatte das Düsseldorfer Fiftyfifty-Projekt von massiven Problemen berichtet, in Berlin kämpft die motz mit dem Aus, wobei hier allerdings ein Rechtsstreit mit der Berliner Stadtreinigung die Existenz des Magzins zusätzlich gefährdet. Die Fiftyfifty-Macher hatten davon gesprochen, dass von den 22 Straßenmagazinen in Deutschland nur drei momentan keine Schwierigkeiten aufwiesen. „Seit Januar hält jeder sein Geld zusammen. Davon sind eben auch die Obdachlosenzeitungen betroffen“, sagt Müller.

Hinz & Kunzt sind es gewohnt, mit schwierigen Zeiten umzugehen. Bereits 1998 hatte das Blatt mit einem heftigen Einbruch klarzukommen. Die Auflage fiel damals von über 120.000 unter die 100.000-Grenze. Reagiert hat die Redaktion zu jener Zeit mit der Umgestaltung des Blattes. Noch mehr Wert auf Inhalt, auf Qualität, das soll es auch in diesem Fall bringen. So wird in Zusammenarbeit mit der Universität gerade eine LeserInnenumfrage ausgewertet. Kooperationen mit anderen Hamburger Medien werden künftig ausgeweitet, Hinz & Kunzt will auch weiterhin selbst als Veranstalterin in der Stadt auftreten, wie es die Monatszeitung zum Beispiel bei dem Festival „Hamburg muss bunt bleiben“ im Januar getan hat.