Immer vergnügt

Ernsthaft: Wer in dem Balg nur einen krachledernen Gaudiburschen sieht, kennt das Akkordeon noch nicht wirklich

Neue Musik für Akkordeon – Werke von György Ligeti, Johann Sebastian Bach u. a. heute um 19 Uhr im Ballhaus Naunynstraße 27. Eintritt frei

Die Musik schafft sich ihre Bilder. Symbole. Die Logos, die den Augen schon zeigen, in welche Richtung es für die Ohren gleich gehen wird. Denn die einzelnen Gattungen haben ihre Lieblingsinstrumente. Der Jazz zum Beispiel. Ist einfach Saxofon. Überall. Da können gewissenhafte Musikforscher noch so zetern und darauf verweisen, dass dieses Instrument am Anfang der Jazzgeschichte nun wirklich keine sonderliche Rolle spielte, wenn mittlerweile jeder Jazzclub in seiner Anschrift das „J“ am Anfang als Sax ausbilden lässt. Sieht man irgendwo ein Saxofon, hängt immer gleich der ganze Round-Midnight-schwüle-Keller-Ekstasen-Rattenschwanz am Horn. Die Gitarre: Wurde vom Rock gehortet. Die Geige verweist als Signet auf die klassische Musik. Im Himmel zählt allein die Harfe. Und das Akkordeon? Wird manchmal doch tatsächlich als Symbol für die Hölle verwendet. Marterinstrument. Zuständig für die derben Aspekte des Lebens. Kommt krachledern. Muss immer lustig tun. Und froh sein, wenn es abseits der Gaudi anderswo überhaupt mal mitspielen darf. Was natürlich keineswegs fair ist, bei dem dramatischen Volumen, das dem Akkordeon im Balg wohnt. Das nur ein wenig wachgekitzelt werden muss. So gehört, ist es dann wenig erstaunlich, dass das Akkordeon gerade bei der Neuen Musik mehr als nur ein Gastrecht auf dem Notsitz hat. Im Ballhaus Naunynstraße zeigen Annette Rießner, Dejan Jovanovic und Sabine Raatz (mit Luigi Gaggero am Schlagzeug), was an dem Instrument alles möglich ist. Zwischen aktueller Ware von György Ligeti oder Salvatore Sciarrino haben sie auch was vom alten Bach geschmuggelt, der bestimmt nur deswegen nichts fürs Akkordeon geschrieben hat, weil er es noch gar nicht kennen konnte. Um das heutige Entgegenkommen etwas zu erleichtern: Der Eintritt ist frei.