Rechnungshof rüffelt Arbeitsressort

Bremer und Bremerhavener Arbeit GmbH wurden gegründet, damit die Arbeitsförderung des Landes Bremen schneller und besser funktioniert. Jetzt rügt der Rechnungshof: Vor der Privatisierung gab es keine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung

Rund ein Jahr gibt es die beiden Gesellschaften Bremer Arbeit GmbH (bag) und Bremerhavener Arbeit GmbH (brag), da setzt es vom Bremer Rechnungshof eine ordentliche Standpauke für das Arbeits- und Sozialressort. In einem Entwurf für den Rechnungshofbericht, der der taz vorliegt, heißt es, der Aufgabenübertragung auf diese Gesellschaften sei nicht die gesetzlich geforderte Wirtschaftlichkeitsuntersuchung vorangestellt worden. Erst diese aber hätte geklärt, welche Rechtsform die günstigste gewesen wäre. Eine solche Untersuchung „hat das Arbeits- und Sozialressort unterlassen“, so der unmissverständliche Vorwurf an die Behördenspitze.

Die verstorbene Arbeits- und Sozialsenatorin Hilde Adolf (SPD) und Staatsrat Arnold Knigge hatten sich im Juni 2000 für die Gründung der beiden GmbHs entschieden – offenbar auf wackeliger Grundlage. Zwar hat das Wirtschaftsprüfungsunternehmen Fides zwischen einer GmbH und der anderen Möglichkeit, nämlich einem enger an die parlamentarische Kontrolle gebundenen Eigenbetrieb, verglichen. Die Empfehlung für die GmbH erfolgte dann aber mit ,,nur allgemein gehaltenen Aussagen, die eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung durch das Ressort nicht ersetzt haben“, so das Papier des Rechnungshofes. Hilde Adolfs Nachfolgerin Karin Röpke (SPD) wird sich mit diesen Vorwürfen nun auseinander setzen müssen.

Die Zahlen sprechen für sich: Der GmbH entsteht ein zusätzlicher Aufwand wegen der Umsatzsteuer von jährlich 500.000 Euro – fast 400.000 davon entfallen laut Rechnungshof auf die Durchführung des Programms ,,Hilfe zur Arbeit“. Das sind Gelder, mit denen Sozialhilfeempfänger in Jobs auf dem ersten oder zweiten Arbeitsmarkt vermittelt werden sollen. Früher wurden diese Mittel von einem Eigenbetrieb, der Werkstatt Bremen verwaltet – die Umsatzsteuer entfiel. Jetzt aber, in der GmbH, muss ans Finanzamt gezahlt werden, so dass für die Klienten weniger Geld zur Verfügung steht, denn der Etat ,,Hilfe zur Arbeit“ hat sich nicht erhöht. „Das Sozialressort hat ermittelt“, so heißt es in dem Papier, „dass die für Hilfe zur Arbeit eingesetzten Mittel mindestens zu gleich hohen Einsparungen in der Sozialhilfe führen. Die Zahlung der Umsatzsteuer hat zur Folge, dass mindestens in dieser Höhe keine Einsparungen im Sozialhilfe-Budget erzielt werden können.“

Peter Härtl, Abteilungsleiter im Arbeitsressort gibt zu: Effizienz sei „an dieser Stelle nicht zwingend das Kriterium“ gewesen. Der Eigenbetrieb Werkstatt Bremen habe „unbestritten gute und effektive Arbeit geleistet“. Bei der GmbH-Gründung sei es aber darum gegangen, die Mittel aus dem Programm „Hilfe zur Arbeit“ – zuständig ist das Sozialressort – mit denen der Arbeitsförderung – zuständig ist das Arbeitsressort – zusammenzulegen. Warum diese Zusammenlegung nicht auch bei einem Eigenbetrieb möglich gewesen wäre, wird in einer ersten Stellungnahme des Ressorts eher philosophisch begründet: „Die GmbH sei die am besten geeignete Organisationsform, die vorhandene Effektivität und Effizienz der bremischen Arbeitsmarktpolitik auf allen Ebenen weiter zu steigern“, so die vom Rechnungshof zusammengefasste Stellungnahme des Ressorts.

Mittlerweile wurde diese Stellungnahme vom Arbeitsressort um ein anderes Argument ergänzt. Eine GmbH könne ihre Geschäftstätigkeit über die Landesgrenzen hinaus erweitern und Dienstleistungen außerhalb der kommunalen Aufgaben wahrnehmen. Beides darf ein staatlicher Eigenbetrieb nicht. Für die bag und die brag heißt das, sie könnten als Dienstleister für andere Kommunen beschäftigungspolitische Programme umsetzen. So setzt die Bremerhavener Arbeit GmbH demnächst das Bundesprogramm „equal“ um und verdient damit natürlich auch Geld. Durch die Krise der staatlichen Arbeitsmarktpolitik könnte hier ein Markt für nicht-staatliche Dienstleister entstehen. Abteilungsleiter Härtl: „Wir haben in dieser Hinsicht Erwartungen an die Gesellschaften und die müssen sich erfüllen“. Aber auch hier kritisiert der Rechnungshof: „Das Arbeits- und Sozialressort hätte vor seiner Entscheidung zugunsten der privatrechtlichen Lösung die Marktchancen ermitteln müssen“.

Ob sich durch solche Aufträge die wirtschaftliche Bilanz der Gesellschaften zum Guten verändert, ist mangels konkreter Erfahrung auch im Ressort noch eine offene Frage. „Wir werden dem Rechnungshof bis Mitte nächsten Jahres genau berichten, ob sich die Prognose erfüllt, dass eine GmbH effektiver ist als andere Rechtsformen“, so Heino Heinken aus dem Arbeitsressort. Zweifel daran beträfen nicht nur die Arbeit-GmbHs, „sondern alle. Irgendwann muss man die Philosophie der GmbH-Gründungen überprüfen und fragen: Hat sich das gerechnet?“

Am wenigsten überrascht von der Rechnungshofkritik zeigte sich auf taz-Anfrage die grüne Opposition. Die Gründung der Privat-Gesellschaften bag und brag sei politisch gewollt und gegen gute Argumente „durchgezogen“ worden, so die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Karoline Linnert. Im Haushaltsrecht sei vorgeschrieben, dass man genau darlegen muss, was sind die Kosten vorher, was nachher. Insbesondere bei den vom Arbeitsressort ausgegründeten GmbHs sei diese Frage offenbar nicht bedeutsam gewesen. Wie der Rechnungshof verweist auch Linnert auf die gut und effektiv arbeitende Werkstatt Bremen. Deutliche Missstände, die etwa für eine Privatisierung gesprochen hätten, habe es nicht gegeben. Die Grünen, bekannt für ihre kritische Haltung gegenüber den zahlreichen GmbH-Gründungen der großen Koalition: ,,Dieser Weg der Verwaltungsreform ist ideologiegeleitet und unzureichend begründet.“ Elke Heyduck