VOLKSWIRTSCHAFTLICH BIETET DIE KRISE DER TELEKOMS KEINE VORTEILE
: Infrastruktur, die niemand braucht

Für Rekorde ist die Telekommunikationsindustrie in den vergangenen Jahren immer gut gewesen. Nun hat der Telefon- und Internetriese Worldcom die größte Pleite in der Wirtschaftsgeschichte hingelegt. Der Schaden durch die Telekom-Spekulationsblase ist jetzt schon um ein Vielfaches höher als durch die gesamten Bankrotte der Dotcom-Firmen aus den Zeiten der New Economy. Denn die alten und neuen Telefonriesen samt ihren Ausrüstern haben Anleihen und Kredite in Höhe von einer Billion Dollar aufgenommen. Die Hälfte davon ist verloren, schätzen Branchenexperten.

So weit also das trübe Szenario. 500 Milliarden Dollar wertlose Anleihen und Kredite müssen Privatanleger, Rentenfonds und vor allem Banken weltweit abschreiben. Dazu verlieren Aktionäre durch die Kursstürze an den Börsen weitere hunderte Milliarden. Damit sind zusammen einige Prozent des weltweiten Geldvermögens in Funkmasten, Großrechnern und vor allem in Form von Erd- und Seekabeln verbaut worden. Durch die Vernichtung solcher Summen erhält auch die Konjunktur einen Dämpfer – weil alle Akteure der Volkswirtschaft an Vertrauen verlieren und die investierten Riesensummen größtenteils keinen Mehrwert mehr erzeugen. Wachstum und Jobs sind hier einstweilen nicht mehr zu erwarten.

Es hilft auch nichts, auf langfristige positive Effekte der Telekom-Pleiten zu hoffen. Zwar wurde mit all den Internet- und Datenleitungen theoretisch wertvolle Infrastruktur geschaffen, die nach den Pleiten der Erbauer nun Nachfolgefirmen oder etablierten Konzernen wie Telekom oder AT & T billig in den Schoß fallen könnte. Doch diese Infrastruktur ist auf absehbare Zeit nutzlos: Zwar stieg die Menge an übertragener Sprache und Daten in den vergangenen fünf Jahren um das Vierfache. Die Telefonkonzerne haben es jedoch geschafft, die Leitungskapazität in der gleichen Zeit um das 500fache auszubauen. Bis diese Kapazität ausgeschöpft wird und damit nennenswert Profite erzeugt werden, vergeht noch eine lange Zeit. Länger jedenfalls, als ein Arbeitsloser oder auch ein Politiker warten kann. REINER METZGER