Wehrpflicht bleibt

Der neue Verteidigungsminister Struck verspricht, alles so zu machen wie Vorgänger Scharping. Und der kriegt doch seinen großen Zapfenstreich

BERLIN taz/ap ■ Rudolf Scharping (SPD) bekommt seinen großen Zapfenstreich, und zwar am Montagabend. Peter Struck, Scharpings Nachfolger im Amt des Verteidigungsministers, erklärte gestern der Presse, dass Scharping damit die übliche Abschiedszeremonie erhält.

Anders lautende Gerüchte hatten zuvor in Berlin Wellen geschlagen. Scharping war vergangene Woche etwas plötzlich entlassen worden, nachdem seine Beziehungen zum Lobbyisten Moritz Hunzinger bekannt geworden waren. Der ehemalige SPD-Fraktionschef Struck betonte nun, dass er Scharping „freundschaftlich verbunden“ bleibe und ihn nach dessen Urlaub auch um seinen Rat bitten werde.

Was seine eigene Befähigung zum neuen Amt anging, sagte Struck: „Ich empfinde mich als sehr sachkundig“, da er in 22 Jahren Bundestag laufend mit der Bundeswehr zu tun gehabt habe. Sein Sohn sei Hauptgefreiter der Reserve und habe ihn bereits ausführlich instruiert. Und außerdem: „Ein Fraktionsvorsitzender kann alles“, sagte Struck.

Er kündigte an, die Politik der Bundesregierung fortsetzen zu wollen. Außer dem Pressesprecher werde kein Personal ausgetauscht. Das „Konzept der inneren Führung“, das auf den Staatsbürger in Uniform ausgerichtet ist, bleibe „geistiges Fundament der Bundeswehr“. An der Wehrpflicht von neun Monaten werde er festhalten. „Internationalen Verpflichtungen“ werde die Bundeswehr nachkommen. Ihre Neuausrichtung hin zu einer Interventionstruppe werde weitergeführt.

Ziel sei dabei, „Mittel und Aufgaben in Einklang zu bringen“, also ohne weitere Haushaltsmittel die Reform zu bewältigen. Anders als die meisten Wehrexperten hat Struck jedoch „keine Sorge, dass das ordentlich zu machen ist“. Er sehe keinen Anlass, den Haushaltsentwurf 2003 nun ändern zu wollen.

Der brandenburgische Innenminister und Exgeneral Jörg Schönbohm (CDU) sagte, Strucks Äußerungen zum Wehretat seien „von Unkenntnis und Fahrlässigkeit gekennzeichnet“. Ohne zusätzliche Mittel werde die Bundeswehr zu einem Museum werden. FDP-Chef Guido Westerwelle erklärte, wenn Struck lediglich die Politik Scharpings fortsetzen wolle, sei er noch vor seiner Vereidigung am Donnerstag gescheitert. Der CSU-Landesgruppenvorsitzende Michael Glos nahm Strucks Äußerungen als Beleg dafür, dass er nicht die Absicht habe, den Posten des Verteidigungsministers auch nach der Wahl zu behalten.

ULRIKE WINKELMANN