Des Volkes Begehren

Volksinitiativen gegen LBK-Privatisierung und Sonntagsöffnung sind dank zahlreicher Unterschriften zustande gekommen. Jetzt muss sich die Bürgerschaft bis Ende November äußern. Stimmt sie gegen die Anliegen, wartet ein Volksbegehren

von SANDRA WILSDORF

Weil Sonntag nicht alle Tage ist, haben 18.348 Hamburger die gleich lautende Volksinitiative gegen verkaufsoffene Sonntage unterschrieben. Der Senat hat festgestellt, dass die Initiative von den Gewerkschaften DGB und ver.di sowie der nordelbischen evangelisch-lutherischen und der katholischen Kirche ebenso zustande gekommen ist wie die Initiative „Gesundheit ist keine Ware“. Diese richtet sich gegen die komplette Privatisierung des Landesbetriebes Krankenhäuser (LBK). Hier waren mit 11.178 Unterschriften die erforderlichen 10.000 überschritten worden. Der DGB und ver.di wollen so erreichen, dass die Stadt Mehrheisteigner des LBK bleibt.

Nun muss die Bürgerschaft sich bis zum 29. November zu beiden Anliegen verhalten. Stimmt sie den Initiatoren zu, muss sie die Anliegen umsetzen, und der Fall wäre erledigt. Wahrscheinlicher ist, dass sie das nicht tut. Dann entscheiden die Initiatoren, ob sie mit Volksbegehren und gegebenenfalls -entscheid weitermachen sollen.

Ob es so weit kommt, ist jedoch unklar. Denn inzwischen hat der Senat beschlossen, dass die Bezirke selber über Sonntagsöffnungen entscheiden und maximal vier Konsumsonntage im Jahr erlauben dürfen. Und damit sind zumindest die Kirchen einigermaßen einverstanden. „Aus kirchlicher Sicht wäre es natürlich am besten, die Geschäfte hätten an gar keinem Sonntag geöffnet. Aber ich könnte mir vorstellen, dass es gegen die Öffnung an vier Sonntagen wenig Chancen gibt, weil das eine Bundesregelung ist“, sagt Helmut Kirst von der Bischofskanzlei der nordelbischen Kirche. Und auch Weihbischof Hans-Joachim Jaschke sagt: „Wir haben ein klares Signal gesetzt. Jetzt steht das Wort von Senator Uldall, dass es für ganz Hamburg bei den vier gesetzlichen Sonntagen bleibt. Darauf vertrauen wir.“ Ver.di freut sich über das Zustandekommen der Initiative und Landeschef Wolfgang Rose „erwartet jetzt, dass die Bürgerschaft mehrheitlich die vom Senat initiierten Entscheidungen und Planungen zu Sonntagsöffnungen und dem Mehrheitsverkauf des LBK stoppen wird“.

Ein frommer Wunsch, denn der Senat beeilt sich gerade, den Verkauf der städtischen Krankenhäuser auf den Weg zu bringen. Bis Mitte August will er einen Berater finden, der die Transaktion vorbereiten und Verhandlungen mit möglichen Interessenten führen soll. Dabei wird es sich vermutlich um eine Bank handeln (taz berichtete).

Innerhalb der Regierungsparteien gibt es unterschiedliche Ansichten darüber, ob der LBK als Ganzes oder in Teilen verkauft werden soll. Während Gesundheitssenator Peter Rehaag (Schill) den Großbetrieb in seiner jetzigen Form erhalten und keinesfalls einzelne Krankenhäuser verkaufen will, hat sich die FDP gegen einen Komplettverkauf ausgesprochen, um nicht einem einzelnen privaten Anbieter den Hamburger Markt zu überlassen.

Danach gefragt, ob der Senat durch einen LBK-Verkauf möglicherweise Tatsachen schafft, während das Volksbegehren noch läuft, antwortete gestern Walter Wellinghausen, Staatsrat der Innenbehörde und Landeswahlleiter: „Formal ist der Senat zuständig und jedes Gesetz ist anwendbar, solange es nicht aufgehoben wird. Politisch ist das eine andere Frage.“ Allerdings sei die Zahl von 11.800 Unterschriften weit entfernt von dem nötigen Quorum.

Wie unausgegoren die ganze Sache noch ist, belegt die Antwort des Senats auf eine Anfrage der GAL-Abgeordneten Dorothee Freudenberg: „Der Senat hat sich mit der Fragestellung noch nicht befasst“, heißt es auf Fragen nach den Kriterien und Bedingungen, die ein potenzieller Käufer erfüllen muss, und auch danach, wie mit der hoheitlichen Aufgabe des Maßregelvollzugs umzugehen sei. Auch ob die Stadt sich eine Steuerungsmöglichkeit erhalten will, indem sie ein Viertel oder die Hälfte des Betriebes behält, ist noch unklar. Man hofft auf den Berater.