Vorsichtige Opposition, ignorante Junta

In Birma signalisiert die Reisefreiheit für Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi noch keinen Wandel der regierenden Militärjunta hin zu einer Demokratisierung. Trotzdem vermeidet die Opposition jegliche Provokation

BANGKOK taz ■ Birmas Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi hat gestern ihre zweite Reise innerhalb des Landes beendet, nachdem am 6. Mai ihr 19-monatiger Hausarrest von der regierenden Militärjunta aufgehoben worden war. Nach dem Besuch der Stadt Mandalay vor einem Monat sprach die 57-jährige Führerin der „Nationalen Liga für Demokratie“ (NLD) jetzt in Moulmein (Mawlamyaing), 170 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Rangun, vor 500 Anhängern.

Bei ihrer Ankunft in Birmas drittgrößter Stadt säumten mehrere tausend Menschen die Straße. Unter den Klängen eines einst verbotenen Liedes bekräftigte Suu Kyi ihr Land zur Demokratie führen zu wollen: „Allein das Volk hat das Recht, über das Schicksal seines Landes zu entscheiden.“ In Moulmein will die NLD jetzt wieder ein Büro einrichten. Es ist eines von 50, die wieder eröffnet werden dürfen.

Trotzdem kommt die Demokratisierung in Birma, das die Militärs in Myanmar umtauften, kaum voran. „Kooperation und Koordination“ sind die Schlagworte, mit denen NLD-Sprecher U Lwin in Thailands Bangkok Post das Verhältnis der Opposition zur Junta beschreibt. Jede Konfrontation werde vermieden. Doch entscheidende Schritte sind noch immer in weiter Ferne: So wurde bis heute nicht das Versprechen eingelöst, weitere politische Gefangene freizulassen. Auch bei einer Wiedereinberufung einer verfassungsmäßigen Versammlung, welche die NLD mit einschließt, oder bei Wahlen ist die Junta zu keinen Konzessionen bereit. Sie hatte sich 1990 nach einem grandiosen Wahlsieg der NLD geweigert, die Macht abzutreten. Seit Ende des Hausarrests wird Suu Kyi von der Junta offiziell ignoriert.

Die Friedensnobelpreisträgerin traf jetzt auch Verteter ethnischer Minderheiten. Deren Rechte tritt die Militärjunta weiter mit Füßen. Mehr als 130 verschiedene ethnische Gemeinschaften leben in dem südostasiatischen Land. Der Vertrag von Panglong – die Grundlage für Birmas Unabhängigkeit 1947 – verspricht allen die gleichen Rechte und Pflichte wie den Birmanen. Aber die Wirklichkeit sieht anders aus. Vergangene Woche prangerten amnesty international und Human Rights Watch die gewalttätigen Übergriffe auf ethnische Minderheiten an: Hinrichtungen, Folter und Zwangsarbeit seien an der Tagesordnung. Auch sehe die Regierung in Rangun massiven Übergriffen auf Muslime tatenlos zu. Die Organisationen fordern nun deutliche Worte von Razali Ismail, dem malaysischen UN-Sonderbeauftragten für Birma, der am 2. August dorthin reisen will. Er solle die Asean-Außenminister, die nächste Woche in Brunei tagen, zu offener Kritik an Birma veranlassen. Bislang hielten sie sich nämlich damit zurück. NICOLA GLASS