Friedman und Scharon erfreuen Wien

Der israelische Regierungschef deutet die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zu Österreich an

WIEN/JERUSALEM taz ■ Michel Friedman, der umstrittene Talkmaster des Hessischen Rundfunks, sorgte für Freude am Ballhausplatz, dem Sitz von Bundeskanzleramt und Außenministerium in Wien. In einem gestern ausgestrahlten Interview mit Friedman erklärte Israels Ministerpräsident Ariel Scharon, er wolle europäische Regierungen, an denen rechtsextreme Parteien beteiligt sind, nicht boykottieren. In diesem Sinne habe er Außenminister Schimon Peres vorgeschlagen, sich um die Erneuerung der Beziehungen zu Österreich zu bemühen. Nach der Bildung der Koalitionsregierung zwischen ÖVP und der rechtsextremen FPÖ hatte Israel seinen Botschafter aus Wien abberufen und ist mit Avraham Toledo nur auf der Ebene eines Geschäftsträgers vertreten.

Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) versteht Scharons Ankündigung via ARD als „sehr positiven Schritt“. Seine Außenministerin Benita Ferrero-Waldner erklärte sich im Hörfunk-Morgenjournal für nicht überrascht, habe sie doch in jüngster Zeit „positive Signale“ empfangen. Offiziell sei aber noch niemand an sie herangetreten. Sollten den Aussagen von Scharon Taten folgen, dann würde auch Österreich innerhalb weniger Wochen handeln.

Auf Friedmans Frage, ob er auch andere Länder boykottieren wolle, wo „ein starker Zuwachs rechtsradikaler Parteien“ zu verzeichnen sei, antwortete der israelische Ministerpräsident: „Nein, ich möchte sie nicht boykottieren. In der Tat habe ich unserem Außenminister vorgeschlagen, sich um eine Erneuerung unserer Beziehungen zu Österreich zu bemühen.“

Die von der Vorabsendung des Hessischen Rundfunks offenbar überraschte israelische Regierung bemühte sich, diese Aussage zu relativieren. Es handle sich um allgemeine Überlegungen und „nicht um konkrete Handlungsanweisungen“, hieß es aus Jerusalem. Regierungssprecher Raanan Gissin sagte auf telefonische Anfrage: „Israel ist prinzipiell gegen den Boykott anderer Nationen, nicht nur Österreichs. Wir wollen schließlich auch nicht, dass man uns boykottiert.“ Es bestünden zweifellos Meinungsverschiedenheiten, so Gissin weiter. Der Antisemitismus sei ein Problem. Dennoch stünde zumindest einem Überdenken früherer Entscheidungen nichts im Wege.

Die FPÖ, deren zweifelhafte Haltung zur österreichischen Geschichte die diplomatische Eiszeit ausgelöst hatte, freut sich. Israel anerkenne offensichtlich die Arbeit der österreichischen Bundesregierung zur Aufarbeitung der Geschichte, meinte FPÖ-Generalsekretär Karl Schweitzer in einer ersten Reaktion. Damit meint er die symbolische Entschädigung von und Restitutionen an Arisierungsopfer. RALF LEONHARD/S. K.