US-Großbanken manipulierten mit

Bei seinen Bilanzfälschungen soll der bankrotte US-Energiekonzern von Profis unterstützt worden sein: den Banken Citigroup und J. P. Morgan. Diese haben ähnliche „Dienstleistungen“ offenbar auch anderen Unternehmen angeboten

aus New York NICOLA LIEBERT

Noch ein halbes Jahr nach der spektakulären Pleite des US-Energiekonzerns Enron zieht der Skandal immer neue Kreise. Die zwei größten US-Banken, Citigroup und J. P. Morgan Chase, sollen Enron geholfen haben, seine wahre Finanzlage zu verbergen. Entsprechende Dokumente legten Ermittler am Dienstag dem Kongress in Washington vor. Demnach hätten die Investmentbanken Finanztransaktionen mit dem Energiehändler durchgeführt, um zu verschleiern, dass der Cashflow in Wirklichkeit eher bescheiden war.

Im Prinzip seien Bankkredite – insgesamt 8,5 Milliarden US-Dollar – nicht als Schulden, sondern als Einnahmen aus Rohstoffhandel deklariert worden, zum Beispiel mit Hilfe einer Firma auf den britischen Kanalinseln. Mit scheinbar höheren Einnahmen und geringeren Schulden konnte der Konzern die sagenhaften Gewinne, die er stets auswies, plausibel machen.

Dies geht über die bisherigen Erkenntnisse hinaus, nach denen Enron die Bilanzen aufgeblasen hat, indem es Schulden in Nebenfirmen parkte. Die Banken „wussten, was Enron tat, halfen Enron und profitierten von diesen Aktionen“, wetterte der demokratische Senator Carl Levin, der dem Untersuchungsausschuss des Senats vorsteht. Seit 1997 soll Citigroup 167 Millionen Dollar daran verdient haben.

Wären die Bankkredite korrekt abgerechnet worden, hätte Enrons Verschuldung schon 2000 bei 14 Milliarden Dollar gelegen statt bei den 10 Milliarden, die das Unternehmen in seinen Büchern auswies. Und dann hätten vielleicht bei Aktionären und Kreditratingagenturen wie Standard & Poor’s die Alarmglocken früher geschrillt.

Auf einer Anhörung im Senat verteidigten Vertreter der Banken die Deals als völlig korrekt. Wie Enron die Gelder in seinen Bilanzen verbucht habe, dafür seien die Banken ja nicht zuständig gewesen, sondern die Buchprüfer. „Wir bieten unseren Kunden keine Buchführungsdienste an“, sagte ein J.-P.-Morgan-Direktor dem Senatsausschuss.

Die Wall Street scheint von der Unschuldsbeteuerung wenig zu halten. Die Citigroup-Aktie stürzte am Dienstag um fast 16, J. P. Morgan um 18 Prozent.

Die Frage ist jetzt, ob die Banken Enron tatsächlich konkret erklärten, dass die Energiefirma die Deals als Handelseinnahmen abrechnen sollte. „Die Beweismittel weisen darauf hin, dass Enron ohne die Hilfe großer Finanzinstitute seine Buchführung nicht in dem Ausmaßhätte manipulieren können, wie das geschehen ist“, erklärte Ermittler Robert Roach.

Enron soll so vor drei Jahren ein mündliches Abkommen über die Verschleierung eines Kredits in Höhe von 125 Millionen US-Dollar mit Citigroup getroffen haben. Laut den Ermittlern gibt es E-Mails, die zeigen, dass sich die Banker durchaus bemühten, dass der Deal nicht öffentlich wird. Eine andere Mail von einem J.-P.-Morgan-Angestellten habe keinen Hehl daraus gemacht, dass „Enron diese Deals liebt“, denn dadurch sei die Firma „in der Lage, Schulden zu verstecken“.

Die Ermittler werfen den Banken vor, solche Transaktionen auch anderen Kunden als besonderen Service vorgeschlagen zu haben. Die Banken leugnen nicht. J. P. Morgan erklärte, diese Art von Deals seien in der Branche durchaus verbreitet. Und dies zeige doch, dass die Transaktionen weithin als legitim eingeschätzt würden.