Im Geschwindigkeitsrausch nach Köln

Der ICE-3 rast heute zum ersten Mal auf der neuen Schnellbahntrasse von Frankfurt nach Köln. Kostet 53,60 Euro

FRANKFURT/M. taz ■ Der Kanzler kommt heute nicht zur Jungfernfahrt des ICE-3 von Frankfurt nach Köln auf der teuersten Neubaustrecke in der Geschichte der Bahn AG. Gerhard Schröder muss bei der Vereidigung des neuen Verteidigungsministers dabei sein. Aber die Ministerpräsidenten der Bundesländer Hessen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, durch deren Hoheitsgebiet die 177 Kilometer lange Trasse führt, und sicher auch der Bundesverkehrsminister werden zusammen mit Bahnboss Hartmut Mehdorn vorne in der rasenden weißen Lok sitzen – und dem Geschwindigkeitsrausch verfallen. Spitze: 330 km/h.

Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember wird die neue ICE-Generation (ICE-3) auf der neuen Hochgeschwindigkeitsstrecke von Frankfurt nach Köln im Stundentakt regelmäßig verkehren. Minimale Fahrzeit: 76 Minuten. Mit dem alten IC durch das enge Rheintal brauchte die Bahn noch 2 Stunden und 15 Minuten. „Die Bahn schenkt Ihnen eine Stunde“, heißt denn auch die Werbekampagne zur Eröffnung der neuen Verbindung. Nun rücken die westeuropäischen Metropolen näher an das bevölkerungsreiche Rhein-Main-Gebiet. Bei der Bahn AG träumen sie schon von einer Reise von Frankfurt – über Köln – nach London in einem Zug in nur drei Stunden; oder nach Paris in 150 Minuten.

Träumen, wohlgemerkt, denn bislang schaffen nicht alle ICE-3 die Trasse nach Köln mit ihren 18 Brücken und 30 Tunnels in dieser kurzen Zeit. Jeder zweite Zug rast nämlich nicht von Hauptbahnhof zu Hauptbahnhof durch, sondern hält wechselweise in Wiesbaden, Limburg, Montabaur oder Siegburg – und am neuen Fernbahnhof am Frankfurter Flughafen (AIRail). Die Fahrzeit beträgt dann knapp 90 Minuten.

Mit dem ICE-3 auf der Schnellbahntrasse will die Bahn AG vor allem die „Vielflieger“ auf dieser innerdeutschen Kurzstrecke vom Himmel zurück auf die Erde holen; 2004 bekommt nämlich auch der Flughafen bei Köln einen Fernbahnhof und wird mit einbezogen werden können. Das freut die Flughafenausbaugegner in der Rhein-Main-Region, die glauben, dass der geplante Landebahnbau im Kelsterbacher Forst spätestens dann überflüssig werde. Die Betreibergesellschaft Fraport AG hält dagegen: Mit der schnelleren Verbindung werde sich der Kundenkreis für Fernflüge von Rhein-Main auf den Großraum Köln-Aachen-Lüttich (Belgien) ausweiten, glaubt man dort. Ab 2003 jedenfalls sollen die Bahnkunden schon am Hauptbahnhof in Köln einchecken können – in die auf dem Airport dann schon bereitstehenden Flieger „nach New York oder Hongkong“. Das AIRail-Terminal am Flughafen würden dann rund 5 Millionen Reisende frequentieren; 2001 waren es 3,3 Millionen.

Geschwindigkeit hat ihren Preis. Die Strecke kostete rund 6 Milliarden Euro. Der Kunde wird entsprechend zur Kasse gebeten. Für die Reise von Frankfurt nach Köln müssen 53,60 Euro gezahlt werden, 33 Prozent mehr als bisher. Die Fahrgastvereinigung „Pro Bahn“ kritisiert die Bahn AG heftig: wegen „Preistreiberei“.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT