Chefs mit Chauffeur sind für Stoiber

Was kommt bei einer Wahlumfrage unter Dienstwagenbesitzern heraus, die zu 85 Prozent Union oder FDP als „sympathischste Partei“ bezeichnen? Das Allensbacher Institut gab sich alle Mühe. Und siehe da: Die rot-grüne Koalition schneidet schlecht ab

aus Berlin PATRIK SCHWARZ

„Ich bin nicht Herr oder Frau Allensbach“, sagte DGB-Chef Michael Sommer gestern bei der Vorstellung der Gewerkschaftskampagne zur Bundestagswahl, „aber ich gehe davon aus, dass die Wahlen noch nicht entschieden sind.“ In deutschen Chefetagen steht der Gewerkschaftsboss damit ziemlich allein.

Eine Stunde zuvor hatte die sprichwörtliche Frau Allensbach, Institutsleiterin Renate Köcher, ihre aktuelle Umfrage unter Führungskräften in Wirtschaft, Politik und Verwaltung vorgestellt – mit einem Ergebnis, das alle Anstrengungen des DGB überflüssig scheinen lässt: 68 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass die Wahl gelaufen ist und der nächste Kanzler Edmund Stoiber heißt. Vor allem aber stellten die Befragten der rot-grünen Koalition und ihrem Kanzler ein verheerendes Zeugnis aus.

Nun ist die Erhebung im Auftrag der Zeitschrift Capital alles andere als repräsentativ, selbst für die Wirtschaft nicht. Befragt wurden lediglich die Dienstwagenbesitzer ihrer Gattung, also 29 Direktoren, 53 Vorstände und Vorstandsvorsitzende und 378 Geschäftsführer. Auch bei der Erhebung in Politik und Verwaltung begann der Mensch erst beim Ministerialdirigenten und reichte über diverse Parlamentspräsidenten bis zu den 42 Leitern der Bundesbehörden. Bemerkenswert ist trotzdem, wie Gerhard Schröder gerade in diesem Kreis seine Kompetenz und Glaubwürdigkeit als Wirtschaftspolitiker verspielt hat.

68 Prozent der Führungskräfte (und 74 Prozent der Wirtschaftsbosse) stimmten der Aussage zu „Noch mal vier Jahre Schröder, das wäre schlecht für unsere Wirtschaft, das kann sich Deutschland nicht leisten.“ Außerdem ist Schröders Glaubwürdigkeit auf 17 Prozent gesunken, sein Herausforder Stoiber steht bei 61. Im Vergleich zum Sommer 2001 hat sich auch die Wirtschaftskompetenz von CDU und CSU drastisch erhöht. Statt 40 Prozent nennen jetzt 65 Prozent die Union als kompetenteste Partei auf diesem Gebiet, die SPD fiel von 20 auf 9 Prozent. Gleichzeitig erreicht die Verärgerung über die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung fast den Rekordstand vom Sommer 1999, kurz vor Oskar Lafontaines Rücktritt als Finanzminister: 81 Prozent der Führungskräfte sind mit der Wirtschaftspolitik derzeit unzufrieden. Schröders Bemühen um die Wirtschaft ist damit offenbar völlig folgenlos geblieben – obwohl die Befragten ihm in Bereichen von Taktik und Strategie bis zu Fingerspitzengefühl und Durchsetzungsvermögen Zustimmungswerte zwischen 60 und 90 Prozent bescherten.

Die Grünen, die sich unter ihrem Spitzenkandidaten Joschka Fischer als „Reformmotor“ der Koalition präsentieren, wurden von 56 Prozent der Führungskräfte „eher als Bremse“ bewertet. Als Außenminister unterliegt Fischer seinem Schattenmann Wolfgang Schäuble mit 44 zu 48 Prozent. Klare Sieger im Vergleich mit Stoibers Kompetenzkonkurrenten waren nur Finanzminister Eichel und Innenminister Schily. Geht es nach den befragten Führungskräften hat Schröder in den Schlüsselministerien Bildung, Gesundheit und Wirtschaft Fehlbesetzungen installiert: Edelgard Bulmahn unterliegt gegen Annette Schavan 17 zu 64 Prozent, Ulla Schmidt gegen Horst Seehofer 5 zu 85 Prozent und Werner Müller gegen Lothar Späth 9 zu 88 Prozent.

Einziger Trost für Gerhard Schröder – die Befragten wählen ohnehin nicht SPD: 65 Prozent der Führungskräfte bezeichneten CDU und CSU als „sympathischste Partei“, weitere 20 Prozent die FDP.