Die Bestie im Radio

Hesses „Steppenwolf“ als Hörspiel: Heute Teil 1. Eine gelungene Dramatisierung des Psycho-Romans

Lieber ein recht teuflischer Schmerz als diese bekömmliche Zimmertemperatur

Hesses erste Frau war schizophren, er selbst ließ sich von C.G. Jung analysieren und wurde Anfang des Monats 125 Jahre alt. Konsequenz: Wir BremerInnen und unsere Brüder und Schwestern in der zusammenwachsenden Nordwestregion können heute Abend den „Steppenwolf“ hören. Als Hörspiel, frisch produziert von Nordwestradio und Hessischem Rundfunk (siehe taz vom 2.7.).

Auch der Steppenwolf, mit bürgerlichem Namen Harry Haller, muss zusammenwachsen. Wer erinnert sich nicht an die Spaltung seiner Persönlichkeit zwischen gebildetem Pazifisten und ruheloser Bestie? Zwischen suizidaler Einsamkeitsnot und unbändigem Unabhängigkeitsstreben? Das Verzweifeln an der bürgerlichen Existenz, beschworen in deutschen Gymnasien vorzugsweise der 80er Jahre?

„Wenn ich eine Weile ohne Lust und Schmerz war und die laue fade Erträglichkeit sogenannter guter Tage geatmet habe, dann wird mir in meiner kindischen Seele so windig weh und elend, daß ich die verrostete Dankbarkeitsleier dem schläfrigen Zufriedensheitgott ins zufriedene Gesicht schmeiße und lieber einen recht teuflischen Schmerz in mir brennen fühle als diese bekömmliche Zimmertemperatur.“ Das war die Lieblingsstelle unseres Deutschlehrers, nach deren Rezitation er stets beherzt das Fenster aufriss.

Valerie Stiegele hat den Hesse-Roman in drei Folgen von jeweils einer guten Stunde Länge gepackt – gut gepackt. Am stärksten ist die Dramatisierung, wenn rasch wechselnde szenische Einschübe den Ich-Erzähler collagieren, wenn Michael Riesslers Musik (für Cello und Saxophon) kurz und prägnant aufblitzt.

Ein bisschen Kritik: Von Manfred Zapatka als Steppenwolf wünscht man sich mehr Bestie und weniger Weinerlichkeit in der Stimme, vom „kaum erträglichen Gelächter des Jenseits“, mit dem Haller für seine Humorlosigkeit bestraft wird, hat man sich mehr erwartet (vielleicht auch von den bei Hesse so beliebten „phantastischen Spielen zu dreien und vieren“) und zum Schluss gibt es eine kleine Irritation: Der fiktive Herausgeber der Haller‘schen Aufzeichnungen kommt noch einmal zu Wort – eine wohlanständige Erzähl-Klammer, während Hesse seinen Roman mit einem entspannenden Joint enden lässt. Genau der bietet sich auch zur Unterstützung des Hörgenusses an. HB

Regie: Christiane Ohaus. Erster Teil: heute um 22.05 Uhr auf dem Nordwestradio. Fortsetzung am 2. und 9. August. Als Audio-Buch im Münchner „Hörverlag“