„Angenehmer eintauchen“

Wolfram Kaube überwacht die Wasserqualität der EM-Becken an der Landsberger Allee

taz: Herr Kaube, sind Sie vor Beginn der Meisterschaft eigentlich Probe geschwommen?

Wolfram Kaube: Nein, das letzte Mal habe ich vor drei Jahren im Wettkampfbecken ein paar Bahnen gezogen. Sie können aber davon ausgehen, dass alles bestens ist. Eine elektronische Messzelle überwacht die Wasserqualität ständig. Das ist auch notwendig, denn jeder Badende hinterlässt im Wasser Speichel, Schweiß, Haare, Hautschuppen, schlimmstenfalls Urin.

Klingt wenig einladend.

Keine Sorge, Keime überleben nur kurze Zeit. Dafür sorgt das freie Chlor im Wasser, etwa 0,3 Milligramm pro Liter. Außerdem setzen wir für jeden neuen Badegast 30 Liter frisches Wasser hinzu – 160 Düsen am Beckenboden sorgen für eine optimale Verteilung.

Unterscheidet sich Meisterschaftswasser von Durchschnittswasser?

Nein. Das Becken selbst ist allerdings für schnelles Schwimmen konstruiert. Etwa 40.000 Badewannen passen hinein, es ist bis an den Rand gefüllt. Beim Wenden am Beckenrand schwappt überflüssiges Wasser sofort weg – in eine so genannte finnische Überlaufrinne. Es können also keine Wellen zurücklaufen, die bremsen würden.

Beim Wasser gibt es keine persönliche Geheimmischung?

Wirklich nicht. Allerdings stellen wir für die Wettkampftage die Ozonanlage in der Landsberger Allee ab, eine besonders moderne Reinigungsanlage. Wenn sie arbeitet, gelangen feinste Luftbläschen ins Becken. In der Schwimmszene munkelt man, dass diese bremsend wirken, weil sie sich auf der Haut fangen. Das ist aber eine faktisch nicht belegte Legende. Wir stellen die Anlage ab, weil wir nur mit geringer Verschmutzung rechnen. Mit Tricks hat das nichts zu tun.

Vielleicht können wir helfen. Wie wär’s mit ein paar Schnapsgläsern Spülmittel – um die Oberflächenspannung zu reduzieren?

Eine schlechte Idee. Die ganze Wasserchemie käme durcheinander, der pH-Wert würde in den Keller rutschen. Im Sprungbecken gibt es für diesen Effekt aber eine Kräuselanlage. Winzige Luftbläschen machen das Eintauchen für die Turmspringer angenehmer.

Ihr Wasser wird prominent durchpflügt. Franzi van Almsick hat vor dem Start gesagt: In der Halle kenne sie jeden, „auch die Einlasser und die Frau mit dem Wischmopp.“ Sind Sie also per du?

Nein, wir haben uns leider noch nicht persönlich getroffen. Wir Techniker halten uns in der Regel ja weit unterhalb des Wasserspiegels auf, im Keller nämlich. Grundsätzlich hat Frau van Almsick aber Recht, sie besitzt hier große Sympathien.

In finanzieller Hinsicht steht den Bäderbetrieben das Wasser bis zum Hals …

Leider.

Könnte man nicht gebrauchtes Nass verkaufen – als flüssige Devotionalie für Fans?

Sie meinen Franzi-Wasser, in Flaschen abgefüllt?

Zum Beispiel.

Das würde schnell verderben, man müsste es also sterilisieren. Und dann wäre es ja nichts Besonderes mehr. Auch vorher schon hätte das Chlor jede charakteristische Franzi-Hautschuppe eliminiert. INTERVIEW: ULRICH SCHULTE