mit dino und vino ins glück. eine weinverneigung von WIGLAF DROSTE
:

Aus dem Küchenkassettenrekorder singt Dean Martin, „Gentle on my mind“: „It’s knowing that your door is always open and your path is free to walk, that makes me tend to leave my sleeping-bag rolled up and stashed behind your couch …“ Das Stück ist ein niemals fehlgehendes Mittel gegen jeden Anfall von Verdrießlichkeit. Wenn man dieses lässige, entspannte, sonnige Säuseln mit einem Tupfer Olivenöl auf dem Timbre hört, glaubt man sofort, was Dean Martins Frau einmal über ihn sagte: „Es gibt niemanden, der so charmant nichts tun kann wie Dino.“ Das klingt höchst erstrebenswert, aber eben, und darauf kommt es an, ohne streben.

So gut, dass ich wirklich gar nichts tun könnte, bin ich noch nicht. Da und dort piesakt und zwackt er, der Tuwas-Teufel. Es gibt aber Tätigkeiten, die immerhin nicht den Terror der Hyperaktivität verbreiten: Kochjacke anziehn, über den Markt gehen, alles begneisen und beschnuppern, anfassen, kosten, die schöne Idee, mit was exakt man die Gefährtin in Kampf und Mampf beglücken wollte, eventuell noch einmal variieren, und dann: einkaufen, kochen, füttern, tränken, plaudern und was den Abend sonst mit Freuden füllt – das ist archaisch, dabei kommt man sich nah. Es ist die Basis für tieferes Glück.

Vorher geht es an den Wein. Erika Baierls Keller in Kreuzberg heißt „alles fließt“ und bietet ökologische Weine, in die ich dereinst eingelegt werden möchte. Los geht es mit dem Champagner von Fleury – sehr fein, keine Rülpsbrause, die landserhaft-prollig zu „Schampus!“ degeneriert und bevorzugt von einem deutschen Rennfahrer geschüttelt und verspritzt wird, dessen Hirnabstinenz nur noch von der seiner Anhänger übertroffen wird.

Der Weiße zu den Gnocchi al pesto ist ein kräftiger 1998er Chardonnay aus dem Penedès, das eingelegte Blök-Tierchen mit den ligurischen Wein- und Rosmarinkartoffeln erfreut sich der Gesellschaft eines 1995er Gigondas, und der Ziegenfrischkäse vom Ziegenhof Canadi gleitet mit einem 1999er Gewürztraminer aus der Pfalz geschmeidig in die letzte Magenlücke.

Nach einem Espresso findet man noch Kraft zum Ausgehen in Berlins schönste Bar, das „Bellman“, benannt nach dem begnadeten Dichter, Sänger und Säufer Carl Michael Bellman: ein Platz, an dem es niemals schlechte Musik gibt und an dem Stil ein Zuhause gefunden hat. Was Andreas Schmidt und seine akkuraten Kräfte ausschenken, macht glücklich – wie der Brut nature Gran Riserva 1997 aus dem Penedès, der manchen guten Champagner ganz leicht aus dem Feld schlägt.

Nach himmlischem Schwelgen in Musik, Getränk und Sichverstehen kann man, Lippen, Zungen, Herzen und Seelen ineinander verschlungen, nach Hause laufend dem Himmelbett entgegenfliegen. Und für den Sänger, Schauspieler und Charmeur Dean Martin postum noch einen Lebenswunsch-Vierzeiler dichten: Immer ein Glas, das richtig gut schmeckt / Dabei niemals blöde strunkelig sein. / Schön singen. Küssen! Dann wieder: Wein. / Und vom Leergut leben. Das wär perfekt.