Jan und Juan machen Bayer Mut

Leverkusens Neuzugänge überzeugen beim 1:0 über Werder Bremen zum Auftakt des Ligapokals

LÜBECK taz ■ Aktive Erholung ist ein häufig verwendeter Begriff von Trainingswissenschaftlern in der Vorbereitungszeit. Was damit gemeint ist, konnte beim Start des Ligapokals in Lübeck beobachtet werden. Nach quälenden Konditionseinheiten im Trainingslager gilt es für die Teams nun, entleerte Kraftspeicher wieder mit einem Vielfachen an Energie aufzufüllen. Nimmt man das Spiel zwischen Bayer Leverkusen und Werder Bremen als Maßstab, befinden sich beide Teams noch im Auflademodus. Der 1:0-Erfolg Leverkusens durch ein Tor von Zoltan Sebescen verkam so zur Randnotiz im Hinblick auf die anstehende Bundesligasaison.

Richtig Fußball spielen war auf der Lohmühle ja auch kaum möglich. Nach überschwemmenden Regenfällen der vergangenen Tage war der Spielgrund tiefer als feinster Sandstrand. „Die Bedingungen waren Gift für unser Kombinationsspiel. Mit ein, zwei Ballkontakten konnten wir nicht operieren“, entschuldigte sich Bayer-Trainer Klaus Toppmöller teilweise für den Auftritt seines Reservistenteams, welches in dieser Formation wohl kaum noch mal zusammenspielen wird. Neben den WM-Teilnehmern Butt, Lucio, Ramelow, Schneider, Bastürk und Neuville – Placente sowie der verletzte Zivkovic mussten nach dem frühzeitigen Aus ihrer Nationalteams bereits wieder zur Mannschaft stoßen – fehlt besonders einer nach wie vor: Der vor drei Tagen erneut am kreuzbandverletzten Knie operierte Jens Nowotny wird noch bis zum Rückrundenbeginn ausfallen.

Das zwingt Bayer-Trainer Klaus Toppmöller zu neuen Maßnahmen in der Organisation der Defensive. In Lübeck gefiel der brasilianische Neuzugang Juan auf der Position des Innenverteidigers. Hoch springen, niedrig gewinnen, könnte ein persönliches Fazit des 23-Jährigen lauten. In jedem Kopfballduell wussten Werders griechischer Neuzugang Angelos Charisteas und Ailton in Juan einen Sprungriesen in ihrem Rücken. Außerdem dirigierte und verschob Juan, als ob er schon länger in Leverkusens Abwehr das Sagen hätte. „Der Junge hat 70 Prozent aller WM-Qualifikationsspiele für Brasilien neben Lucio in der Innenverteidigung absolviert“, schwärmt schon wieder Reiner Calmund, wissend, ein weiteres südamerikanisches Schnäppchen nach Leverkusen gelotst zu haben. Nach der ISL-Pleite, die Hauptanteilseigner des brasilianischen Clubs Flamengo aus Rio waren, und der kontrovers diskutierten Nichtnominierung Juans für die WM, fiel der Preis für den Neuleverkusener. „Wir beobachteten ihn schon seit zwei Jahren. Als sein Preis von 12 Millionen Mark auf 3 Millionen Euro sank, mussten wir zugreifen“, so Calmund.

Toppmöllers „variable und flexible“ Planspiele am Taktiktisch werden durch Juan trotz des Ausfalls von Nowotny auf jeden Fall bereichert. Mit Placente, Juan und Lucio stünde eine Dreierformation fest; Carsten Ramelow wird laut Toppmöller seine angestammte Position im defensiven Mittelfeld ausfüllen. Weiteren Veränderungen, die durch die Abgänge Ballacks und Ze Robertos nötig sind, sieht Toppmöller geduldig entgegen. Langsam dürfte sich nämlich zeigen, ob Daniel Bierofka auf der linken Seite und Jan Simak im offensiven Mittelfeld verloren gegangene Akzente im Bayer-Spiel kompensieren können.

Der aufmüpfige Ex-96er Simak, der Hannover öffentlich als Provinznest beschimpfte, seinen Trainer Ralf Rangnick düpierte und durch schlechtes Benehmen seinen ursprünglich angedachten Wechsel nach Kaiserslautern forcieren wollte, nimmt eine wichtige Rolle in Toppmöllers Planspielen ein. „Simak wird ohne Wenn und Aber in der Startformation spielen“, greift Manager Calmund seinem Trainer vor. Toppmöller persönlich hatte die Verpflichtung Simaks durchgesetzt. Und siehe da: In Leverkusen glänzt die Diva bisher eher durch gute Konditionswerte anstatt schlechter Schlagzeilen. „Jan ist unter Zugzwang nachdem ich mich unheimlich stark für seine Verpflichtung gemacht habe. Er weiß, dass er bei mir in der Pflicht steht“, bewertet das der Trainer. Nach ausreichend aktiver Erholung in der vergangenen Saison bei Hannover darf Leverkusen sich auf einen bis zum Anschlag geladenen Simak freuen. OKE GÖTTLICH