Mit Sicherheit gegen den Terror

Sechs Versicherungen schließen sich mit Kapital von 500 Millionen Euro zusammen und wollen Policen gegen Terroranschläge verkaufen. Leib und Leben sowie indirekte Schäden nicht versicherbar. Assekuranz fordert weiterhin staatliche Hilfe

von HERMANNUS PFEIFFER

Bis zum Anschlag auf die Twin Towers waren Terrorrisiken in den branchenüblichen Industrieverträgen und in den Policen von Fluggesellschaften quasi automatisch mitversichert. Finanziell einkalkuliert waren diese speziellen Gefahren jedoch in vielen Verträgen nicht.

Auf diese Lücke wurde die globale Assekuranz erst nach dem 11. September aufmerksam. Allein der reine Gebäudeschaden für den versicherten Immobilienunternehmer Larry Silverstein wird auf über 7 Milliarden Dollar geschätzt. Daneben kommen auf die Versicherungswirtschaft noch weitere milliardenschwere Leistungen hinzu: für das zerstörte Mobiliar, für Ausfallschäden der betroffenen Unternehmen und nicht zuletzt für erhebliche Forderungen aus Lebensversicherungen. Wenn Ende dieses Jahres eine vorläufige Bilanz gezogen wird, dürfte der Schaden für die Versicherungen aus diesem – im Branchenjargon – „Terrorereignis“ sich auf etwa 20 Milliarden Dollar belaufen.

Angesichts der weltweit unabsehbaren Gefahren, die mit al-Quaida, IRA oder der amerikanischen Luftwaffe verbunden sind, kündigte die globale Assekuranz fast alle alten Industrieversicherungsverträge zum Jahreswechsel. Seit Januar sind daher die meisten Unternehmen nicht mehr gegen Terror versichert.

Dies soll sich jetzt ändern. In Luxemburg gründeten gestern sechs führende Assekuranzkonzerne eine Anti-Terror-Assekuranz unter dem Namen Special Risk Insurance and Reinsurance Luxembourg S. A. (SRIR). Aus der Bundesrepublik sind Allianz und Hannover Rück mit jeweils einem Kapitalanteil von 18,2 Prozent dabei, den Rest teilen sich Zürich Finanz, Swiss Re (beide Schweiz) und das globale Gemeinschaftsunternehmen XL Capital (Bermudas), mit Beteiligungen von ebenfalls jeweils 18,2 Prozent, sowie die französische SCOR mit 9,1 Prozent.

„Die neue Gesellschaft wird Deckungen für Terrorschäden an Gebäuden und Vermögensgegenständen anbieten“, erklärt Ralf Arndt von der Hannover Rückversicherung – nicht jedoch an Leib und Leben. Das Kapital wird 500 Millionen Euro betragen. SRIR wird unabhängig von den Gründern mit einem eigenständigen Management und eigenen Mitarbeitern in Luxemburg tätig sein und die Absatzkanäle seiner Muttergesellschaften nutzen. Die Policen werden nur Schäden abdecken, die direkte Folge einer terroristischen Handlung sind, nicht jedoch indirekte wirtschaftliche Folgen wie Umsatzeinbrüche im Handel. Die Geschäftstätigkeit konzentriert sich auf Europa.

Zur Steuerung ihrer Risiken hat die neue Gesellschaft enge Kriterien entwickelt: Die Deckung ist innerhalb eines Abstands von 600 Metern um jedes versicherte Gebäude auf „nur“ 275 Millionen Euro begrenzt. Die Twin Towers wären damit also nicht zu versichern. Vorbehaltlich der Genehmigung durch die luxemburgische Aufsichtsbehörde plant SRIR die Geschäftsaufnahme schon im zweiten Quartal 2002.

In den USA sprang nach dem 11. September der Staat ein. Präsident Bush will künftig von den ersten 20 Milliarden Dollar Versicherungsschaden 80 Prozent aus der Staatskasse begleichen. Die deutsche Regierung blieb hartnäckig: Der Ruf der Allianz nach Staatshilfen wurde in Berlin geflissentlich überhört. Nun fand sich mit der Luxemburger Pool-Variante doch noch so etwas wie eine private Lösung. „Mit der Gründung von SRIR zeigen die Investoren ihre Zuversicht in die Entwicklung tragfähiger privatwirtschaftlicher Lösungen“, heißt es bei der Allianz. Allerdings könne das neue Unternehmen staatliche Lösungen in diesem Bereich „nur ergänzen“ und keinesfalls ersetzen.