Rechte Schläger vor Gericht

Neonazi soll mit drei Mittätern zwei arabische Frauen in der Straßenbahn misshandelt haben. Die Fahrgäste in Hellersdorf hatten zugeschaut. Eingegriffen hatte erst der Straßenbahnfahrer. Täter kamen nicht in U-Haft

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit hat gestern der Prozess gegen einen mutmaßlichen Neonazi wegen brutaler Misshandlung von zwei arabischen Frauen in einer Straßenbahn begonnen.

Der 18-jährige Jugendliche und drei Gesinnungsgenossen sollen die mit Kopftüchern bekleideten Frauen bespuckt, mit Springerstiefeln getreten und krankenhausreif geschlagen haben. Die übrigen Fahrgäste haben nach Angaben von Augenzeugen bei den Angriffen und Misshandlungen am 30. Januar in Hellersdorf nichts unternommen.

Ein junge Mann, der massiv mit Springerstiefeln die beiden Frauen getreten haben haben soll, wartet noch auf seinen Prozess. Die zwei weiteren Verdächtigen waren offenbar nur an den Pöbeleien beteiligt. Der 18-jährige Angeklagte muss sich vor dem Amtsgericht dagegen wegen gefährlicher Körperverletzung und Volksverhetzung verantworten, hieß es bei der Justiz.

Das jüngere der beiden Opfer, eine 26-jährige Frau aus dem Libanon, soll wegen einer vorherigen Operation nach den Tritten und Schlägen vorübergehend in Lebensgefahr geschwebt haben. Sie saß mit ihrem siebenjährigen Jungen, ihrer Schwiegermutter und einer Tante am Nachmittag des 30. Januar in der Tram, als der Angeklagte und drei Gesinnungsgenossen rassistische Sprüche gegrölt hätten.

Als die Frau mit ihrem Handy die Polizei rufen wollte, seien sie und ihre Schwiegermutter von zweien der Täter geschlagen und mit Springerstiefeln getreten worden. Beide Frauen mussten umgehend ins Krankenhaus. Die Tante und der Sohn blieben dagegen unverletzt.

Von den Fahrgästen, die den Vorfall in der Tram beobachtet haben, hatte damals keiner eingegriffen. Als die Täter an einer Haltestelle in Hellersdorf weiter gegen die Frauen vorgingen, stand eine Traube von Menschen tatenlos herum. Sofort geholfen haben dann der Straßenbahnfahrer und ein 21-Jähriger, als sie der Misshandlungen gewahr wurden.

Die mit Bomberjacken und Springerstiefeln gekleideten Männer „wüteten wie die Berserker“, sagte der 21-jährige Helfer gestern auf dem Gerichtsflur vor Journalisten. „Ich kann nicht zusehen, wenn Frauen geschlagen werden“, sagten der junge Mann und der Fahrer unisono. Inzwischen haben beide Angst, dass auch sie von den Schlägern angegriffen werden. Nach ihrer Festnahme war damals keiner der Täter in Untersuchungshaft gekommen.

Die junge Libanesin und ihre Schwiegermutter mussten vor ihrer Zeugenaussage Stunden lang auf dem Flur unweit des Verdächtigen ausharren, der die Frauen brutal getreten haben soll. Der damals 17-jährige Jugendliche, der seit Freitag vor Gericht steht, muss sich für weitere Vorfälle mit rechtsradikalem Hintergrund verantworten, hieß es bei der Justiz. Er soll versucht haben, einem Vietnamesen eine Flasche ins Gesicht zu schleudern. Ferner habe er in einem Lokal mit Gesinnungsgenossen Naziparolen gebrüllt. Es seien Gläser und Stühle geflogen. Der Wirt sei im Gesicht verletzt worden. Der Prozess wird am 2. August fortgesetzt. DPA